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Ukrainer helfen dem Arbeitsmarkt kaum

Unternehmen sollten nicht auf Flüchtlinge hoffen

Personen stehen in einer modernen Fabrik. © Daniel Ingold / Westend61 / picture alliance
Die deutschen Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte, die Flüchtlinge aus der Ukraine werden diese Lücke aber nicht füllen. Auch wenn sich Wirtschaftsforschungsinstitute und Politik immer wieder um positive Meldungen bemühen: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Das zeigt eine Analyse von FUCHSBRIEFE.

Flüchtlinge aus der Ukraine passen oft nicht gut zu den Bedürfnissen am deutschen Arbeitsmarkt. Das zeigt eine aktuelle Ifo-Studie gerade, auch wenn sie sich krampfhaft bemüht, einen positiven Tenor zu vermitteln. So heißt es in der Studie, dass „qualifizierte Fachkräfte gute Chancen am deutschen Arbeitsmarkt haben.“ Allerdings meinen nur 40% der Personalleiter in deutschen Unternehmen, dass „diese Personen Jobs in deutschen Unternehmen finden können.“

Die Mehrheit der Unternehmen sehen in der Praxis große Probleme bei der Integration von Flüchtlingen aus der Ukraine. Mehr als jedes zweite Unternehmen (56%) rechnet mit Hürden bei der Einstellung. „Mangelnde Deutschkenntnisse werden am häufigsten als problematisch angesehen, das gilt insbesondere für den Handel“, so die Ifo-Studie. Immerhin 86% der Handelsbetriebe stufen die Sprache als Problem ein. In der Industrie und bei Dienstleistern sind es immerhin noch 79%.

Flüchtlinge aus der Ukraine schwer vermittelbar

Gestützt wird dieses Praxisbild von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – auch wenn diese ebenfalls darum bemüht ist, die Lage positiv zu interpretieren. Die Vereinigung hat – was sehr positiv und zu begrüßen ist – direkt nach Beginn des Ukraine-Krieges eine Initiative zur Integration von Flüchtlingen in die Wirtschaft gestartet.

Nur wenig Interesse und eine unbekannte Zahl erfolgreicher Vermittlungen

Drei Monate nach Beginn wurde die Bilanz des „sprungbrett into work für geflüchtete Menschen aus der Ukraine“ ausgewertet – mit einem positiven Fazit. Das liest sich so: „Die Arbeitsmarktintegration der Menschen, die länger bei uns bleiben, leistet dabei einen wichtigen Beitrag.“ Seit Beginn der Initiative haben 1.283 Unternehmen 2.530 Stellenangebote veröffentlicht. Die Stellenangebote reichen von IT-Spezialisten über Restaurantfachkräfte bis hin zu Produktionshelfern.

In Zahlen sieht das – nach FUCHS-Lesart – anders aus. Die Hotline-Mitarbeiter der Vereinigung haben insgesamt 473 Beratungen per Telefon und 241 per Mail durchgeführt. Wie viele davon Doppelberatungen waren, ist nicht bekannt. Ein Kompetenzermittlungsverfahren haben 158 Flüchtlinge gemacht. Wie viele Ukrainer in Jobs vermittelt wurden, kann die Vereinigung auch nach mehrfachen Nachfragen von FUCHS nicht beantworten.

Mismatch am Arbeitsmarkt

Ein wesentliches Integrationshindernis ist auch, dass die meisten Flüchtlinge Frauen mit Kindern sind. Die können zwar durchaus qualifiziert Fachkräfte sein. Sie haben aber oft andere Kompetenzen als die hierzulande gesuchten (z. B. Lehrerinnen). Als solche können sie aber dennoch nicht sofort in das deutsche Schulwesen integriert werden. Das gelingt selbst dann nicht, wenn – wie z. B. in Berlin – ukrainische Abschlüsse ohne Beglaubigungen („blind“) anerkannt werden.

Das Mismatch am Arbeitsmarkt zeigt sich auch beim Blick auf die Sektoren. Gerade die Fachkräfte, die insbesondere im MINT-Sektor eingesetzt werden könnten, kommen nicht in Deutschland an. Wesentlicher Grund: Der ukrainische IT-Sektor arbeitet nach wie vor mit gut 80% aller Kapazitäten vor Ort. Und generell gilt: Viele Flüchtlinge wissen noch gar nicht, wie lange sie wirklich in Deutschland bleiben. Bevor sie sich bewerben, warten sie erst einmal ab. Etliche sind sogar schon zurückgekehrt. Auch dazu gibt es aber keine genauen Zahlen in den deutschen Statistiken.

Fazit: Die Diskrepanz zwischen den Positiv-Meldungen und den realen Zahlen ist frappierend. Die Politik und viele Verbände promoten Flüchtlinge aus der Ukraine aus politischen und solidarischen Gründen als wertvolle Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. In der Praxis trifft das leider nur auf die wenigsten zu. Unternehmen können sich darum keine großen Hoffnungen machen, die Ukrainer als Arbeitsmarktreserve zu akquirieren.
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