Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
1990
Kein Auskunftsrecht für Onlinemedien

Urteil mit weitreichenden Folgen für die Medienlandschaft

Reporterin mit Mikrophon und Schreibblock. © wellphoto / Getty Images / iStock
Die Medienlandschaft ist vielfältig: Zeitungen, Magazine, Rundfunk, Radio, Online-Medien, Blogs... Sie verlassen sich auf die im Grundgesetz festgeschriebene Pressefreiheit. Doch die gilt nicht für alle, wie nun das Berliner Verwaltungsgericht in einem Urteil feststellte.

Ein Urteil der Pressekammer des Berliner Verwaltungsgerichts (VG) könnte weitreichende negative Folgen für die Arbeit zahlreicher Onlinemedien haben. Das Gericht fällte in einem Präzedenzfall das Urteil, dass die Online-Investigativplattform FragDenStaat kein Auskunftsrecht gegenüber Bundesbehörden im Sinne der Pressefreiheit hätte. FragDenStaat reichte im März eine einstweilige Anordnung beim VG ein, um Fragen zu Gerhard Schröders Lobbytätigkeiten vom Kanzleramt beantwortet zu bekommen, welche diese verweigerte.

Pressefreiheit nur bei Printprodukten

Das VG lehnte die Klage ab. „[…] der Schutz der Pressefreiheit knüpft […] an das sächliche Substrat einer Publikation in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Form an“, so das VG. Das ist ein schwerer Schlag für die Ausübung journalistischer Tätigkeiten. Denn immer mehr Häuser wenden sich von Printausgaben gänzlich ab und beschränken sich ausschließlich auf Online – das ist gelebte journalistische Praxis im 21. Jahrhundert.

Der Deutsche Journalistenverband kritisiert das Urteil scharf: „Das Gericht wendet […] einen Medienbegriff aus dem 19. Jahrhundert an. Die Pressefreiheit wie auch alle Rechte von Journalistinnen und Journalisten, die sich daraus ableiten, bezieht sich nicht nur auf gedruckte Medien. Online-Portale gehören selbstverständlich auch zu den Medien […]. Es ist zu hoffen, dass das Gericht im Hauptsacheverfahren anders entscheidet.“

Erfolgschancen der Revision "bestenfalls offen"

Der Kläger hat bereits Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gegen das Urteil eingelegt und ein einmaliges Druckerzeugnis publiziert, um der Print-Anforderung nachzukommen.

Doch nach gegenwärtiger Rechtslage könnten die Berliner Verwaltungsrichter sogar Recht behalten. Der Potsdamer Rechtsanwalt für Datenschutz und Informationszugang Dr. Florian Penski von Dombert Rechtsanwälte, erklärte auf Anfrage von FUCHSBRIEFE, dass er das Urteil nicht überraschend fand. Das liegt daran, dass die Vorrausetzung eines Druckerzeugnisses „der aktuellen herrschenden Auffassung zu dem durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Pressefreiheit) geschützten Begriff der Presse“ entspräche. Er schätzt „die Erfolgschancen des Antragstellers insoweit eher schlecht, bestenfalls als offen ein.“

Fazit: Ob für pure Online-Medien die Presse- oder Rundfunkfreiheit und somit der Auskunftsanspruch gilt, muss nun in der nächsten Instanz geklärt werden. Falls diese dem Urteil zustimmt, könnte der Zugang zu Informationen von Bundesbehörden für Online-Medien sehr erschwert werden. Das wäre ein schwerer Schlag für die deutsche Presselandschaft. Viele dürften mit „Pseudo-Printausgaben“ das Urteil versuchen einzuhalten. Der Gesetzgeber muss hier dringend nachbessern.

Urteil: VG Berlin, Az.: 27 L 68/22

Meist gelesene Artikel
  • Rentenreform, Umlageverfahren, Gerechtigkeit: Warum der „Boomer-Soli“ am Kernproblem vorbeigeht

Der „Boomer-Soli“ ist keine Lösung, sondern unfaire Umverteilung

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bzw. die dort agierenden Forscher Stefan Bach, Maximilian Blesch, Annica Gehlen, Johannes Geyer, Peter Haan, Stefan Klotz und Bruno Veltri, will die Rentenlücke mit einer Sonderabgabe auf Alterseinkünfte schließen – innerhalb der Babyboomer-Generation. Das geht so nicht, emint FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. Wer das Umlagesystem ernst nimmt, muss die Kinderfrage zentral stellen - oder er soll es ganz abschaffen.
  • Die Würde des Amtes verlangt Transparenz, nicht Kungelei

Schluss mit dem Hinterzimmer – Richterwahl neu denken!

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag
Der Fall Brosius-Gersdorf zeigt: Nicht die Medien, sondern das undurchsichtige Auswahlverfahren für Verfassungsrichter ist das eigentliche Problem. Wer Recht über alle spricht, sollte sich auch öffentlich erklären müssen. Deutschland braucht endlich öffentliche Befragungen, fordert FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber.
  • Mit Merz aufs falsche Pferd gesetzt

Politik in der Schieflage

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag
Zurück aus dem Urlaub zeigt sich FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber ein Deutschland im Wandel – doch zu vieles geht politisch weiter in die falsche Richtung. Politische Gegner sollen mit juristischen Mitteln ausgeschaltet, das Verfassungsgericht durch Personalrochaden auf Linie gebracht werden. Der Haushaltsentwurf ist Beweis für ein weiteres gebrochenes Versprechen der Regierung: deutlich mehr zu investieren. Viele Unternehmer nicken das ab, weil die Konjunktur etwas anzieht. Ein Fehler.
Neueste Artikel
  • Projekt 7 (Private Banking Depot) in KW 29 – Performance, Risiko und Gewinner

Value Experts und Lungershausen dominieren – Benchmarkdepot mit starker Balance aus Rendite und Risiko

Illustriert mit Canva und ChatGPT
In Kalenderwoche 29 überzeugt das Benchmarkdepot von Projekt 7 mit einer gelungenen Mischung aus Rendite und gesunkenem Risiko. Value Experts Vermögensverwaltungs AG und Lungershausen Eggensperger Enzler & Partner AG setzen sich an die Spitze. Wer zu den Gewinnern zählt, wer enttäuscht und wie sich die Risikoprofile verändert haben, lesen Sie hier.
  • Fuchs plus
  • Silberpreis-Rally: Unsicherheit treibt Nachfrage nach sicherem Hafen

Indien treibt Silberboom

© TomekD76 / Getty Images / iStock
Die Silber-Rally nimmt Fahrt auf: Mit einem Anstieg von über 5% überschreitet der Silberpreis die Marke von 39 US-Dollar je Feinunze und lässt Gold hinter sich. Ausgelöst durch geopolitische Unsicherheiten und steigende Nachfrage in Indien, bleibt der Aufwärtstrend intakt. Erfahren Sie, warum Investoren trotz Rekordpreisen weiter in Silber investieren und welche Rolle die Industrie dabei spielt.
  • Fuchs plus
  • Handelsstreit und Kanadischer Dollar

Kanadas Notenbank ist besorgt

© metrokom / iStock / Thinkstock
Der Handelsstreit zwischen USA und Kanada eskaliert. Ab dem 01. August sollen Einfuhren des nördlichen Nachbarn mit 35% Abgaben belegt werden. Essentielle Güter, wie Energie, werden damit künstlich für amerikanische Verbraucher verteuert. Bei Energieimporten hängt die USA an Kanada. Umgekehrt ist die Abhängigkeit kanadischer Exporte in die USA noch größer. Allerdings wertet der Loonie zum Dollar auf und bestätigt diese Abhängigkeit nicht.
Zum Seitenanfang