Verpasste Chance in der Steuerpolitik
Die große Koalition backt steuerpolitisch ganz kleine Brötchen. Und das, obwohl die Kassen überquellen. Vor allem an der ungerechten Lastenverteilung will die GroKo nicht rütteln (Mittelstandsbau). „Gerecht" ist die Einkommensteuerverteoung schon länger nicht. Galt früher die Daumenregel „Die obersten 10% zahlen 50% der Einkommensteuer, die unteren 50% zahlen 10%, zahlen heute nach Auskunft von Michael Sell, Abteilungsleiter im Bundesministerium der Finanzen, die unteren 50% etwa 6% des Einkommensteueraufkommens, die oberen 10% „deutlich mehr als 50%".
1960 griff der Spitzensteuersatz – damals 53% – beim 18fachen des durchschnittlichen Jahresbruttogehalts von damals 3.000 Euro. 2017 greift der Spitzensatz beim 1,6fachen. Das durchschnittliche Jahresbrutto heute: 35.000 Euro. Die Zusatzbelastung durch die kalte Progression beträgt allein seit 2010 sechs Mrd. Euro, erläuterte Hanno Kube, Professor für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg, auf einem Symposium in Berlin.
Fazit: Die nächsten Jahre sind auf lange Zeit die letzten, in denen die Einnahmen für eine Veränderung der Struktur der Einkommensteuer gereicht hätten. Da kommt nichts mehr.