Der öffentliche Dienst ist am Arbeitsmarkt ein harter Wettbewerber für die private Wirtschaft. Das zeigt nicht zuletzt der aktuelle Tarifabschluss. Er belegt die starke Stellung der öffentlichen Arbeitgeber. Obwohl Verdi öffentlich mächtig auf die Streik-Pauke schlug, bringt der Abschluss am Ende weniger als der für Bund und Kommunen 2016. Das waren addiert 4,75% in zwei Stufen bei zwei Jahren Laufzeit. Verdis Forderung für 2017 lautete 6% bei einem Jahr Laufzeit. Doch der neue Tarifvertrag sieht nur 4,35% in zwei Stufen bei zwei Jahren Laufzeit vor. Kurz: Verdi gibt sich mit weniger als der halben Forderung zufrieden. Die Motivation der Mitglieder fehlt. Sie wissen, dass sie es gut haben.
Das Bild vom unattraktiven öffentlichen Dienst ist eine Mär. Denn die Bezahlung ist gerade für die junge Generation Y zweitrangig. Wichtiger ist die Work-life-Balance. Und da hat der öffentliche Dienst viel zu bieten – vor allem Planungssicherheit mit einem sicheren Arbeitsplatz bis zum (erdienten) Ruhestand:
- Betriebsbedingte Kündigung gibt es nicht; verhaltensbedingte sind äußerst selten
- Mit dem Dienstalter steigen die Bezüge kontinuierlicher an als in der Privatwirtschaft
- Die Renten und Pensionen sind bei einem immer ausgedehnteren Ruhestand gegenüber der gesetzlichen Rente „Gold wert“
- Elternzeit ist selbstverständlich; niemand stöhnt, weil er die Arbeit des Kollegen mitmachen muss
- Bildungsurlaub wird im öffentlichen Dienst fast nie verweigert
- Der durchschnittliche Krankenstand liegt bundesweit mit 20 Tagen doppelt so hoch wie in der Privatwirtschaft – und hat keine Folgen
- (Unbezahlte) Sabbatjahre werden ebenfalls deutlich häufiger in Anspruch genommen
- Zudem gibt es in vielen Fällen ein Beurlaubungsrecht auf bis zu zehn Jahre mit Rückkehrrecht auf einen Arbeitsplatz in der früheren Besoldungsgruppe
- Vielfach gibt es Sonderprogramme bspw. zur Gesundheitsvorsorge oder psychologischer Betreuung
Die Verdi-Mitglieder werden dem Tarifvertrag zustimmen. Sie ködert nicht zuletzt der Sockelbetrag von 75 Euro im Monat. Bei bis zu 3.200 Euro Verdienst ist dies ein Zubrot über die Tariflohnsteigerung hinaus – und in diesen Entgeltgruppen befindet sich auch die Mehrzahl der Gewerkschaftsmitglieder.
Zwar verdienen die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter in der Industrie deutlich mehr. Aber sie haben auch ein deutlich höheres Arbeitsplatzrisiko (Stichwort Globalisierung) – und die o.a. geführten Bonbons fehlen. Beschäftigte und die Gewerkschaften haben dort prinzipiell mehr zu gewinnen.
Fazit: Der Abschluss im öffentlichen Dienst zeigt, dass die Arbeitgeber nicht viel auf den Tisch legen müssen. Die Rahmenbedingungen sorgen für ausreichend Attraktivität.