Zurück zu den Wurzeln
Vom ur-grünen Thema Agrarwende erhofft sich die Ökopartei Wählerstimmen-Zuwachs.
Die Grünen setzen auf einen radikalen Umbau der Landwirtschaft. Wie schon beim Atomausstieg will die Ökopartei die gesellschaftliche Avantgarde sein – jetzt bei der Agrarwende. Sie kehrt damit zu einem ökologischen Kernthema zurück, nachdem ihre Forderung nach Steuererhöhungen die Wähler bei der Bundestagswahl 2013 abgeschreckt hatte. Das Feindbild ist die Agrarindustrie. Aus Sicht der Grünen vergiftet sie Mensch und Umwelt, fördert Monokulturen und zerstört die Artenvielfalt. Konkret fordern die Grünen eine drastische Beschränkung von Antibiotika bei der Tiermast und von Pestiziden auf den Äckern. Zudem soll der Tierschutz wichtiger werden und gentechnisch verändertes Saatgut nicht über EU-Verordnungen durch die Hintertür eingeführt werden. Wichtigster Hebel gegen die Agrarindustrie ist stärkere Regulierung. So sollen tierquälerische Megaställe durch das Baurecht verhindert werden. Gesetze sollen den Einsatz von Chemie- und Hormonkeulen verbieten. Der Verbraucherschutz soll durch eine verständlichere Kennzeichnung der Lebensmittel gestärkt werden. Fernziel ist die Reform der europäischen Agrarordnung, um die Agrarindustrie zu bändigen. Die Grünen haben mit der Agrarwende ein populäres und langfristiges Thema. Dass die Industrialisierung der Landwirtschaft unvermindert weitergeht, schmeckt den meisten Verbrauchern nicht, auch wenn sie im Supermarkt nach Billigprodukten greifen. Ekelskandale wie Gammelfleisch oder Dioxin in Futtermitteln haben über die Jahre hinweg das Image der Lebensmittelindustrie ramponiert. 80% der Bevölkerung lehnen Genfood ab. Eine ökologischere Landwirtschaft ist aber nur über die EU erreichbar. Doch in Brüssel hatte sich seinerzeit schon die grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast die Zähne ausgebissen. Die von den Grünen geforderte Regulierung könnte so deutschen Agrarbetrieben schaden, ohne viel an der Situation zu ändern.
Fazit: Die hochemotional aufgeladene Agrarwende ist für die Grünen ideal, um ihre Wählerschaft zu mobilisieren und die Große Koalition bei diesem Thema vor sich herzutreiben. Erfolg in der Sache verspricht sie kaum.