Die Eurozone soll weiterentwickelt werden
Im neuen „Regierungsprogramm“ will die Union die Eurozone weiterentwickeln. Der IWF darf abtreten. Ein Europäischer Währungsfond soll an seine Stelle treten.
„Sie kennen mich“. So gewann Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits eine Wahl. Ja, wir kennen sie. Merkel ist die Kanzlerin der zwei Gesichter. Verbreitet wird gerne das Bild der visionslosen Pragmatikerin, die spät, aber klug entscheidet und sich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen lässt.
Doch Merkels Januskopf zeugt entweder von Visionen oder Skrupellosigkeit. In ihrer inzwischen zwölfjährigen Amtszeit hat sie nicht nur die CDU, sondern die Republik auf den Kopf gestellt. Stets auf sensiblen Politikfeldern: Bundeswehr, Zuwanderung, Energie, Ehe oder Euro. Galt gestern das Eine, gilt über Nacht das Andere.
Jetzt will Merkel laut Unionsprogramm zusammen mit Frankreich „die Eurozone schrittweise weiterentwickeln“. Der IWF – bis dato noch unabkömmlicher Garant für die Solidität des Hilfsprogramms der Euroländer – soll offensichtlich durch einen europäischen Währungsfonds ersetzt werden.
Da gehen bei mir alle Signallampen an. Ich bin mir sicher: Bald wird auch der Satz Makulatur sein, der derzeit noch das Unions-Regierungsprogramm ziert: „Eine Vergemeinschaftung von Schulden schließen wir weiter aus.“ Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Merkel wird auch Euro-Bonds – europäische Gemeinschaftsschulden – akzeptieren, wenn es aus ihrer Sicht an der Zeit ist. Dies ist der nächste logische Schritt auf ihrer politischen Agenda. Merkels 180-Grad-Wenden werden nach machtpolitischen Nützlichkeitserwägungen vollzogen. Ihre Beteuerung, Euro-Bonds werde es nicht geben, „solange ich lebe“, ist so viel wert, wie ihre bisherigen Grundsatzbeteuerungen auch: nichts.
Es gibt nur noch einen Schutzwall, der Eurobonds im Wege steht: die Verfassung und ihre Hüter in Karlsruhe. Echte Eurobonds können weder das Parlament noch die Regierung so einfach beschließen. Dazu braucht es wohl eine Verfassungsänderung. Doch es ist wie bei jeder Mauer: Es gibt immer eine Stelle, an der sich ein Durchlass findet. Oder man umgeht sie einfach, befürchtet Ihr Ralf Vielhaber.