Dritter Weg gesucht
In Großbritannien wird angestrengt nach einem vorteilhaften Weg zum Brexit gesucht. Findet Großbritannien keinen dritten Weg, hat das Land die Wahl zwischen Pest und Cholera.
In Großbritannien wird angestrengt nach einem vorteilhaften Weg zum Brexit gesucht. Dabei stößt die Regierung um Theresa May auf eine starke EU-Kommission. Und die Briten lernen jetzt ziemlich schnell, dass die EU-Kommission und der ganze Brüsseler Apparat ziemlich einflussreich sind. UK hat nun die Wahl zwischen dem Norwegen-Modell oder der Schweizer Lösung, um den künftigen Status zu regeln. Beide Länder haben unterschiedliche Wege gewählt, mit der EU zu kooperieren. Brüssel wird den Briten jedenfalls wenig Angebote oder Zugeständnisse machen. Norwegen ist mit seinem EWR-Beitritt den einfacheren, aber stärker bindenden Weg gegangen. Das Land ist heute der am weitesten in EU-Strukturen integrierte Drittstaat. Es ist eine Art „Fax-Demokratie“, die die nachzuvollziehende EU-Gesetzgebung aus Brüssel mitgeteilt bekommt – und 1 zu 1 umsetzt. An der EU-Rechtsetzung ist das Land allerdings nicht beteiligt. Obendrein zahlt Norwegen gut 2 Mrd. Euro pro Jahr in den Gemeinschaftstopf. Die Schweiz hat sich für einen komplizierten Alleingang entschieden. Die Alpenrepublik ist kein EWR-Mitglied und muss darum jedes Abkommen mit der EU einzeln verhandeln. So hat sie in sieben sektoriellen Abkommen ihr Verhältnis mit der EU geregelt (Freizügigkeit, Handelshemmnisse, öffentliche Aufträge, Land- und Luftverkehr, Landwirtschaft und Forschung). Trotzdem musste sich die Schweiz den meisten Forderungen der EU beugen. Hinzu kommt eine Disziplinierungs-Klausel. Die besagt: Wird auch nur eines der sieben Abkommen von der Schweiz gekündigt, sind damit auch alle anderen vakant. Das soll „Rosinen-picken“ verhindern. Die Schweiz zahlt wie Norwegen 2 Mrd. Euro pro Jahr nach Brüssel – und hat bei der Gesetzgebung keinen Einfluss, muss aber automatisch umsetzen.
Suche nach Alternativen
Der Ausweg wäre ein dritter Weg. Denn Großbritannien hat noch ein inneres Problem. Das Votum der Schotten lautete eindeutig für den Verbleib in der EU. Insofern drängen die Schotten die Regierung in London, bei den Brexit-Verhandlungen so nahe wie möglich an der EU zu bleiben. Gelingt dies nicht, schwebt ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands als Damoklesschwert im Raum. Das ist etwas, dass London unbedingt verhindern will. Findet Großbritannien also keinen „dritten Weg“, hat das Land die Wahl zwischen Pest und Cholera. Denn weder das Norwegen-Modell noch der Schweizer Alleingang erfüllen die Ziele der Brexit-Befürworter. Die wollten die Freizügigkeit eigenständig regeln, nicht mehr an die EU zahlen und sich die Vorteile des Freihandels erhalten.Fazit: Die Briten haben mit dem Brexit-Votum viel riskiert – und verloren. Allmählich schwant ihnen, dass sie ihre Ziele nicht erreichen werden. Und die EU muss hart bleiben, schon um potenzielle Nachahmungstäter (Stichwort Nexit) abzuschrecken.