CDU-Parteichefin Angela Merkel gerät unter Positionierungsdruck. Die anhaltenden Erfolge der AfD bei bundesweiten Umfragen haben den konservativen Parteiflügel zu neuem Leben erweckt. Er begehrt wieder auf. Dazu kommt das permanente Drängen der bayerischen Schwester CSU, die alten Werte der Union – traditionelles Familienbild, Sicherheit, nationale Interessen, kein Multi-Kulti – glaubhaft wiederzubeleben.
Das steht in scharfem Kontrast zur Modernisierungsstrategie der Merkel-CDU. Und damit zum Anbiederungskurs gegenüber den Grünen. Sie sollen als Partei der politisch linksorientierten Besserverdiener zum Mehrheitsbeschaffer in künftigen Koalitionen im Bund werden.
Noch ist offen, ob und wie stark sich Merkel auf diesen politischen Spagat einlässt. Auch wenn sie selbst bereits angedeutet hat, das nationalkonservative Klientel der Union wieder zurückgewinnen zu wollen. Merkel geht nach wie vor davon aus, dass der Wähler bei Bundestagswahlen auf das kleinere Übel setzt und – anders als bei Landtagswahlen – politische Experimente meidet. Sie wertet die Wahl der AfD als Strafaktion unzufriedener Parteianhänger, nicht als Überzeugungstat.
Spätestens im Herbst wird sie sich entscheiden müssen, ob sie glaubhaft zur Kurskorrektur ansetzt. Inhaltlich wird sie sich um Fragen wie das Erziehungsgeld, Kindergeldplus für Kinderreiche, Steuerentlastungen für Familien etc. kümmern müssen. Und sie muss ihren inzwischen praktizierten restriktiven Kurs im Umgang mit Flüchtlingen auch dann durchhalten, wenn die Türkei wieder in Scharen Flüchtlinge übers Mittelmeer lässt. Personell wird sie sich Gedanken um die Person des Generalsekretärs Peter Tauber machen müssen. Denn er verkörpert wie kaum ein anderer das moderne Gesicht der CDU. Ein solch harter Schwenk wäre aber kaum glaubhaft und würde in der eigenen Partei viel Porzellan zerschlagen.
Fazit: Eine scharfe politische Kurskorrektur ist aus unserer Sicht nicht mehr möglich. Zudem verlöre die CDU die grüne Option. Einige wenige konservative Brosamen werden wiederum die entfremdeten Wähler nicht zurückgewinnen. Merkels Kurs kann nur heißen: Weiter so und hoffen, dass sich die AfD selbst zerlegt. Die Basis selbst der letzten großen Volkspartei aber schrumpft zusehends.