Die in der vergangenen Wochen vom Bundestag gebilligten Assoziierungsabkommen der EU mit Georgien, Moldau und der Ukraine wecken in diesen Ländern unerfüllbare Erwartungen. Die Vertreter aller drei Staaten gaben sich in unserem Beisein während einer Feierlichkeit in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts in Berlin geradezu euphorisch. Der ukrainische Parlamentspräsident Volodymyr Groysman glaubt, dass die Ukraine schon 2020 die Kriterien für den EU-Beitritt erfüllt haben könnte.
Den anwesenden Bundestagsabgeordneten wurde bei so viel Optimismus mulmig. Sie sehen eine deutlich längere Perspektive. Alle drei Länder seien „noch ganz weit weg“ von einem Beitritt, meint etwa der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Norbert Spinrath. Die Konfliktsituation mit Russland, das geradezu unglaubliche Ausmaß an Korruption, die am Boden liegende Industrie, die hohe Abhängigkeit von russischen Energielieferungen und vom Warenaustausch mit Russland sind Aufgaben, für deren Bewältigung Kiew eher Jahrzehnte als Jahre braucht. Auch wenn die Rada, das ukrainische Parlament, schon erste Gesetze zur Herstellung von Rechtssicherheit gefasst hat.
Das Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit ist ein politisches Risiko. Der ohnehin große Erwartungsdruck gegenüber der EU wird jetzt noch einmal zunehmen. Das kann schnell ins Gegenteil umschlagen: Enttäuschung über einen absehbar schleppenden Fortgang. Deshalb wird die EU versuchen, den Wert der Assoziierungsabkommen an sich herauszustellen. Sie bilden die Grundlage für Freihandel und bieten einen gewissen Schutz vor Übergriffen. Ohnehin verspricht sich die EU auf lange Sicht eine Brückenfunktion von allen drei Ländern zu Russland.
Fazit: Es wird jetzt viel diplomatisches Geschick nötig sein, die drei assoziierten Länder aus ihrer Euphorie zu holen, ohne sie zu verprellen. Was dabei herauskommt, ist gerade am Beispiel Türkei abzulesen. Sie wendet sich, auch aus Enttäuschung über die EU, zunehmend von Europa ab.