Akt 4 im Schuldendrama
Exposition: Die handelnden Personen – der neue linke Finanzminister Griechenlands, Yanis Varoufakis, Regierungschef Alexis Tsipras, als Gegenspieler Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, Kanzlerin Angela Merkel und einige Nebendarsteller wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker – werden eingeführt. Die neuen, unverbrauchten griechischen Akteure hauen gegenüber Europa und insbesondere den Deutschen mit ihrer „Austeritätspolitik“ auf den Putz. Der dramatische Konflikt kündigt sich an.
Komplikation, steigende Handlung – mit erregendem Moment (Katastase): Die Situation verschärft sich. Varoufakis gibt eine Interviewserie, Tsipras glänzt in Umfragen in der Heimat, die öffentliche Meinung wogt zwischen Sympathie und Antipathie hin und her. Schäuble ist zerknirscht.
Peripetie mit der Umkehr der Glücksumstände des Helden: Die Handlung erreicht ihren Höhepunkt (Klimax). Der Grexit ist in aller Munde. Athen verliert massiv an Rückhalt, in Europas Hauptstädten, beim IWF und auch in Washington. Selbst die deutschen Gewerkschaften rücken insgeheim von den „unverschämt auftretenden“ Griechen ab.
Die Retardation, der 4. Akt, läuft gerade. Es ist die fallende Handlung – mit aufschiebenden Momenten. Europa breitet den Mantel des Schweigens über die Angelegenheit. Keine öffentliche Diskussion mehr, bevor die Griechen nicht die ausgearbeitete Reformliste liefern. Die Handlung verlangsamt sich, um in einer Phase der höchsten Spannung auf die bevorstehende Katastrophe hinzuarbeiten.
Fazit: Europa hat den richtigen Weg gewählt, mit dem Thema umzugehen. Erst Ende Juni wollen sich die Finanzminister wieder offiziell damit befassen. Bis dahin muss und wird Athen geliefert haben.