Aufräumarbeiten im ÖVP-Lager
In der ÖVP des gewieften Parteichefs Sebastian Kurz laufen die Aufräumarbeiten. Dabei werden personelle „Altlasten" schonungslos weggeräumt. Nur vordergründig dreht sich der Österreich beschäftigende Skandal um die Besetzung von Vorstandspositionen der Casino Austria (Casag) um eine der üblichen parteipolitischen Ämtervergaben: Diesmal flog ein ÖVP-FPÖ Postenschacher auf.
Die jüngsten Hausdurchsuchungen der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft heben den Fall auf eine neue Ebene. Die Staatsmacht klopfte beim Aufsichtsrat der Casag, Walter Rothensteiner, und dem ehemaligen ÖVP Vizekanzler Josef Pröll, derzeit CEO der RaiffeisenTochter Leipnik-Lundenburger Invest, an.
Machtvolle Männer im Visier der Staatsanwaltschaft
Rothensteiner ist einer der mächtigsten Männer der Republik. Er ist der Chef der Raiffeisen Group, ihr „Generalanwalt". Raiffeisen spielt in der österreichischen Politik eine zentrale Rolle. Wie Caritas oder Gewerkschaftsbund, hält die Bank enge Kontakte zu vielen Abgeordneten der Landtage und des Nationalrats. Raiffeisen steht dem ÖVP Bauern- und Wirtschaftsbund sehr nahe.
Eine Hausdurchsuchung bei einer „grauen Eminenz" wie Rothensteiner war bislang undenkbar. Offenbar nutzt die Korruptionsstaatsanwaltschaft das derzeitige Machtvakuum unter Interims-Kanzlerin Brigitte Bierlein, bis ÖVP-Chef Sebastian Kurz seine Regierungsbildung mit den Grünen abgeschlossen hat. Rothensteiner hat als Aufsichtsrat die Casag „Packelei" abgesegnet und war so unvorsichtig, darüber genaue Notizen aufzubewahren, die den Untreueverdacht der Staatsanwaltschaft erhärten.
Die innerparteilichen Gegner von Kanzler Kurz werden beiseite geräumt
Dass gerade Rothensteiner und Pröll ins Visier geraten, ist pikant. Beide gehören zu den ÖVP-internen Gegnern von Kurz. Rothensteiner-Vorgänger als Raiffeisen-Generalanwalt war Christian Konrad. Er zählte als Flüchtlingskoordinator der vorigen rot-schwarzen Regierung zu den erklärten Feinden von Kurz. Eingeengt sah sich Kurz auch durch den Umstand, dass die ÖVP bei der Raiffeisen, wie die Zeitschrift „Falter" aufdeckte, über beide Ohren verschuldet ist. Sie musste bereits eine „stille Verpfändung" der Parteienförderung an die Raiffeisen Bank International (RBI) vornehmen. Mit den Hausdurchsuchungen gerät nun das Anti-Kurz-Lager in der ÖVP gehörig unter Druck.
Fazit
Für den machtbewussten ÖVP-Jungstar Kurz läuft es derzeit großartig. Seine parteiinternen Gegner sind in der Defensive und die große Skandalwelle, die Österreich seit „Ibiza" heimsucht, räumt ihm seine politischen Rivalen beiseite.