Boomendes Polen mit zahlreichen Widersprüchen
Polen, der siebentwichtigste Handelspartner Deutschlands, boomt. Der Aufholprozess ist beeindruckend. Seit 2004 wuchs das polnische BIP um 63%, der EU-Durchschnitt nur um 18% (Deutschland 21%).
Der Zuwachs kommt derzeit aus dem privaten Bereich. Hier waren es steigende Löhne (+5,3%), sinkende Arbeitslosigkeit (6,6%) und ein neu eingeführtes Kindergeld, was stimulierte. Die Investitionen sind nach einem Rückgang 2016 im vergangenen Jahr um 5,4% gewachsen.
Allerdings warnt S&P Global Ratings vor anhaltenden Problemen. Die Wirtschaftspolitik Warschaus ist teilweise sprunghaft; zudem beunruhigen die anhaltenden Attacken der Regierung auf das Rechtswesen, die ja auch die EU auf den Plan gerufen haben. Das drückte zeitweilig auch den Zlotykurs, der sich zuletzt aber gegenüber dem Euro wieder erholt hat.
Deutsche Waren bleiben gefragt. Neue Wachstumschancen ergeben die geplanten Umrüstungen der Kraftwerke, deren Finanzierung im EU-Haushalt 2021 bis 2027 Vorrang haben könnte. Kraftfahrzeuge und Maschinen sind ohnehin Renner.
In verschiedenen Regionen Polens mangelt es bereits an Fachkräften. Der Brexit könnte aber für Linderung sorgen. Eine Rückwanderung von in Großbritannien arbeitenden Polen in größerem Ausmaß ist wahrscheinlich. Als Multiplikatoren für Geschäft und/oder Investitionen in Polen finden sich laut Germany Trade&Invest 1.800 polnische Unternehmen in Deutschland und etwa 800.000 Fachkräfte.
Fazit: Das Nachbarland bleibt als Absatzmarkt aktuell interessant; weniger als Investitionsstandort. Erst mit dem neuen EU-Haushalt ab 2021 wird sich dies ändern.
Lesen Sie dazu auch unseren Artikel vom 23.03.2018