Die Parlamentswahl am Sonntag in Bulgarien ist eine wichtige Testwahl für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Ankara verfolgt zwei Ziele:
will Erdogan die Erfolgschancen für das Verfassungsreferendum im April austesten
geht es ihm darum, die Chancen einer eigenständigen türkischen AKP-nahen Partei in einem EU-Staat auszuloten.
Sofia ist alarmiert. Im Land gibt es 700.000 Bulgaren türkischer Abstammung. Sie haben alle doppeltes Wahlrecht. In Bulgarien stellen sie ein Sechstel der Wählerschaft. Erdogan hat bereits öffentlichkeitswirksam der Partei der türkischen Minderheit DPS die Unterstützung entzogen. Sie ist an der bulgarischen Regierung beteiligt. Erdogan ruft die türkischstämmigen Bulgaren dazu auf, stattdessen die AKP-hörige, neue Partei Dost zu wählen.
Die Einmischung war so massiv, dass die bulgarische Regierung ihre Botschafterin aus Ankara zurückrief. Sie bestellte auch den türkischen Botschafter ein. Nationalistische Gruppen in Bulgarien hinderten Busse an der Einreise, in denen türkische Bulgaren saßen. 200.000 türkische Bulgaren sind als Gastarbeiter in der Türkei tätig. Sie sollten in Bulgarien nicht als fünfte Kolonne Erdogans ihre Stimme für Dost abgeben dürfen.
In Berlin wird die Entwicklung mit Argusaugen beobachtet. Sollte das bulgarische Experiment aus Sicht Ankaras glücken, ist damit zu rechnen, dass die türkische Regierung auch hier die Gründung einer AKP-hörigen Partei der Deutschtürken befördert. Mit einen Einzug in den Bundestag wäre zwar bis auf Weiteres nicht zu rechnen. Aber Landes- und Kommunalparlamente stünden den Abgeordneten durchaus offen.
Fazit: Je größer der Erfolg aus Sicht Erdogans ausfällt, desto schwieriger wird sich auf Dauer das Zusammenleben mit den türkischen Minderheiten in Europa gestalten.