Marine Le Pen, Chefin des französischen Front National (FN), hat ihren Riesenerfolg bei der Europawahl umgehend mit zahlreichen Fehlern aufs Spiel gesetzt. Ihr Vater, der Alt-Ultra Jean-Marie Le Pen, mit dem sie sich überworfen hat, höhnt: „Marine hat sich in der Strategie geirrt.“
Ihr Projekt, in Straßburg eine mächtige Fraktion der Rechten zu schmieden, ist gescheitert. Die von ihr groß angekündigte Debatte, ob Frankreich in der Euro-Zone bleiben oder alsbald austreten soll, ist ausgeblieben. Von ihrem Wahlslogan „Sobald Frankreich den Euro verlässt, hört er auf zu existieren“ ist nur noch ein verdünnter Aufguss übrig. Jetzt heißt es, Frankreich müsse zusammen mit seinen Partnern (!) die weitere Entwicklung des Euro „vorbereiten“.
Im Front National bilden sich unterdessen zwei Lager. Denn Marine Le Pen hat von ihren neuen Beratern lernen müssen, dass gerade Frankreich mit seiner hohen Auslandsverschuldung (65% der Gesamtschulden werden von Ausländern finanziert) denkbar ungeeignet ist, zum Franc zurückzukehren. Die Finanzmärkte würden Kopf stehen. Schon eine geringe politische Bewegung in diese Richtung würde eine Kapital-Fluchtwelle auslösen. Ihr Vater ist von solchen – für ihn national verderblichen – Einsichten ohnehin weit entfernt.
Le Pens altgaullistische Berater beginnen bereits, von der FN-Vorsitzenden abzurücken. Sie habe zu viele Illusionen, betreibe zu wenig Diplomatie, sei taktisch zu ungeschickt, entwickle zu wenig Bindungskraft, so lauten die Vorwürfe der Berater. Sie hatten mit Marine Le Pen von einer neuen Souveränität Frankreichs geträumt und sie 2017 auf den Präsidentensessel gewünscht. Als großes Problem kommt für die FN-Vorsitzende hinzu, dass Vater Jean-Marie als Ehrenpräsident des FN weiterhin das Gros der Finanzen kontrolliert – und entsprechend einflussreich ist.
Fazit: Der Front National ist schon zwei Monate nach der Europawahl nicht mehr das Schreckgespenst vom Dienst. Die Franzosen wollten im Mai den etablierten Parteien eine derbe Lektion erteilen. Aber nach aktuellen Umfragen wollen zwei Drittel der Befragten den Euro n i c h t verlassen. Und selbst unter Le Pens Wählern will das nur eine Minderheit. Le Pens Aussichten, 2017 Präsidentin der Republik zu werden, sind damit stark gesunken.