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Orbans Initiative ist eine Chance für die EU und die Ukraine

EU hat Ukraine-Ziel aus dem Blick verloren

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban lässt seinen Worten Taten folgen. Kaum ist er EU-Ratspräsident fliegt er nach Kiew und Moskau, um mit Wolodymr Selenskyj und Wladimir Putin über eine Lösung des Ukraine-Konflikts zu reden. Diese Aktion hat gewiss zwei Seiten. Dass sich die EU von Orban distanziert, zeigt mir aber, dass Brüssel das politische Ziel in diesem Krieg auf europäischem Boden aus den Augen verloren hat, meint FUCHSBRIEFE-Chefredakteur Stefan Ziermann.

Die Reise von EU-Ratspräsident Orban nach Moskau schlägt hohe Wellen. Dabei hatte der Ungar schon angekündigt, dass Friedensbemühungen der Kern seiner EU-Ratspräsidentschaft sein werden. Darum hat er zuerst mit Wolodymyr Selenskyj geredet. Danach ist er zu Wladimir Putin geflogen.

Orban handelt sicher auch in eigenem und ungarischem Interesse. Ich halte es aber für zentral, in jedem Konflikt allen Parteien wenigstens zuzuhören. Wer das tat, konnte von Orban hören, dass Russland und die Ukraine mit ihren Forderungen noch meilenweit auseinander liegen. Genau darum ist es auch richtig, dass Orban nach Putin praktisch direkt nach China weitergereist ist, um mit Staatschef Xi Jinping über einen Weg zum Frieden in der Ukraine zu reden. Parallel dazu ist Indiens Ministerpräsident Narendra Modi in Moskau. Das sieht nach gezielter Reise-Diplomatie aus. 

EU sichert Ukraine Hilfen zu, aber keine Aussicht auf eine Konfliktlösung

Und was macht die EU? Sie distanziert sich empört von ihrem Ratspräsidenten und versucht, ihn ins Abseits zu schieben. Außenpolitisch werde die EU von Charles Michel vertreten. Der beeilte sich auch gleich, den russischen Angriffskrieg erneut zu verurteilen und der Ukraine weiter unsere bedingungs- und endlose Unterstützung zu versichern.

Der russische Angriff ist völkerrechtswidrig und kann nicht toleriert werden. Orban hat aber offenbar erkannt, dass es ein bedingungsloses „Weiter so“ auch nicht geben kann. Der Krieg destabilisiert die EU und erschüttert in einigen Ländern die politischen Grundfesten. Soll es jetzt auf Jahre so weitergehen, dass die EU erfolglos versucht, Russland wirtschaftlich zu destabilisieren? Sollen wir weiter über Jahre, vielleicht Jahrzehnte, für Milliarden von Euro Waffen liefern? Das ist Geld, das wir besser für eigene Zwecke einsetzen könnten. Sollen wir weiter täglich zusehen, wie Menschen, in der Ukraine immer mehr Zwangsrekrutierte, in den Tod gejagt werden? Sollen wir auf diesem Pfad wandelnd riskieren, schließlich NATO-Truppen zu entsenden?

Orban ist eine Chance für Europa

 Setzt Europa seien bisherige Politik fort, wird es Russland nur noch mehr in die Arme Chinas und Indiens treiben. Es gibt keine Alternative: Europa muss mit Aggressor Putin reden. Eine Konfliktlösung gegen Russland ist nicht realistisch. Mit Putin zu verhandeln bedeutet auch nicht, den Angriff zu akzeptieren. Das Beharren auf einer moralisch richtigen, aber im Hinblick auf die Konfliktlösung aussichtslosen Position ist weder klug noch hilfreich. Apropos Moral: Für den Gaza-Streifen fordert die EU eine sofortige Waffenruhe. Für die Ukraine lehnt sie diese Forderung rundheraus ab. Ich kann auch dieser „humanitären“ Logik nicht mehr folgen.

Europa sollte erkennen, welche große Chance Orban bietet. Der „Putin-Freund“ kann ein diplomatischer Vermittler sein, Putin entlarven, wenn er Orban abblitzen lässt. Orban könnte die Ukraine, Russland, China, Indien, die USA und andere Länder an den Verhandlungstisch bewegen. Denn bei aller vor allem auch in Deutschland angestrebten (aber laut neuem Haushalt nicht finanzierten) Kriegstüchtigkeit sollte das strategische Ziel nicht aus dem Blick geraten: Es geht um eine Beendigung des Krieges, nicht um seine endlose Fortsetzung.

Wer nicht mehr offen ist für Gespräche mit einer Konfliktpartei, hat keine Chancen, eine Lösung zu erarbeiten. Statt Orban-Bashing wünsche ich mir mehr diplomatische Bemühungen in Europa und von der Bundesregierung, um die bestmöglichen Bedingungen ein Ende des Krieges in der Ukraine auszuhandeln.
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