Angela Merkel hat in mehrfacher Hinsicht eine Schicksalsentscheidung zu treffen. Ein erneuter, wie auch immer verpackter Schuldenschnitt für die reformunwilligen Griechen bedeutet den Bailout – und damit den Tabubruch für die Eurozone.
Indirekt besteht dieses System ja schon über die Rettungsschirme. Vom Stabilisierungsfonds EFSF haben die Griechen bereits 131 Mrd. Euro erhalten. Dazu direkte Kredite der anderen Euro-Länder über insgesamt 53 Mrd. und weitere 32 vom IWF, von denen Athen 11,5 Mrd. getilgt hat. Im System der Europäischen Zentralbanken hat Griechenland weitere 130 Mrd. im Feuer stehen (Target 2).
Die Unsummen ausstehender Kredite lassen die Staatschefs bisher kalt, weil die Fälligkeiten nach dem Ende ihrer Amtszeiten liegen. Ihre Nachfolger an der Regierungsspitze müssen dann die Suppe auslöffeln. An den EFSF muss Griechenland erst 2022 Zinsen zahlen. Die Commerzbank rechnet damit, dass erst 2032 Garantien des EFSF fällig würden. Diese Fristen bedeuten aber auch: Kein Grieche leidet heute wegen der Staatsschulden Hunger! Und zu milliardenschweren Investitionsprogrammen ist Europa ja ohnehin bereit.
Wer nur über eine Lastenreduzierung für Hellas redet, verschweigt den Kern der Sache. Es geht darum, ob sich Griechenland als ewiges Mezzogiorno in der Eurozone einrichten kann. Denn ebenso wenig wie Italiens Norden seinen mafiosen Süden in den Griff bekommt, so wenig wird das Brüssel mit Athen gelingen. Wer anderes behauptet, glaubt an den Weihnachtsmann.
Entscheidet sich Merkel für ein Ende mit Schrecken, wäre das politisch nur bedingt mutig. Zwar kämen auf Deutschland dann rund 90 Mrd., auf Frankreich 70 Mrd. und auf Italien 61 Mrd. sowie auf Spanien knapp 42 Mrd. faule Kredite zu. Die Staatsschuld würde prinzipiell jeweils um 3,1 bis 3,9%-Punkte ansteigen. Vermutlich aber würden die Schulden zunächst nicht abgeschrieben, sondern Manövriermasse in langen, zähen Schuldenverhandlungen mit Griechenland.
Ganz futsch wäre das Geld nicht. Athen müsste – wie Argentinien 2001 – in Verhandlungen nachgeben, denn sonst käme Hellas an keinerlei Gelder aus dem Ausland mehr.
Fazit: Griechenland braucht eine staatliche Grundsanierung. Die ist innerhalb der Eurozone mit immer neuen „Hilfskrediten“ nicht zu bewerkstelligen. Kommt jetzt der Schuldenschnitt hinzu, ist die Transferunion perfekt. Denn Griechenlands Verhandlungserfolg wird andere Länder anstecken.