Europa schottet sich gegen Auslands-Investoren ab
Die Europäische Union betreibt schon länger eine protektionistische Außenhandelspolitik - und verschärft diese nun kräftig. Anders als der polternde US-Präsident Donald Trump verfolgt die EU dieses Ziel jedoch eher leise. Das neueste Instrument dafür ist der EU-Kooperationsmechanismus, der ab dem 11.Oktober gilt. Er stärkt die Koordination zwischen den EU-Ländern bei Investitionsprüfverfahren und hilft dabei, sich gegen unliebsame Investitionen und Übernahmen aus dem Ausland abzuschotten.
EU-Staaten können gegenseitig Einfluss aufeinander nehmen
Die EU erweitert ihre Koordination in Prüfverfahren und zieht darüber hinaus bei einzelnen Rahmenbedingungen die Kriterien spürbar an. Künftig müssen bei der Überprüfung von Investitionen „unionsfremder“ Akteure in kritische Infrastrukturen nicht nur die eigenen nationalstaatlichen Sicherheitsinteressen berücksichtigt werden. Mit dem neuen EU-Kooperationsmechanismus müssen auch die Interessen anderer EU-Staaten einbezogen werden. Dafür werden Koordinierungsstellen eingerichtet, die im ständigen Austausch miteinander stehen. Das eröffnet Spielräume zur Verhinderung von Unternehmensübernahmen. Wenn beispielsweise die französische Regierung bei einem Vorgang in Deutschland Sicherheitsbedenken anmeldet, kann sie so direkten Einfluss auf deutsche Wirtschaftspolitik nehmen.
Deutschland hat seine Außenwirtschaftsverordnung (AWV) bereits entsprechend angepasst und so den Weg für den EU-Kooperationsmechanismus frei gemacht. Im Juli wurde dafür in einem ersten Schritt das Außenwirtschaftsgesetz novelliert. Künftig sind alle meldepflichtigen Erwerbe bis zum Abschluss des Investitionsprüfverfahrens schwebend unwirksam. Das ist ein Paradigmenwechsel: Bisher wurde geprüft und wenn es Widerspruch gab, wurde eine Übernahme nicht zugelassen. Nun gilt eine Übernahme zunächst als "nicht akzeptiert" - es sei denn, das Prüfverfahren kommt zu einem anderen Ergebnis.
Immer mehr kritische Infrastrukturen
Zudem wird der Prüfmaßstab grundlegend verschärft. Bislang war eine „tatsächliche und schwere Gefährdung“ der öffentlichen Ordnung nötig, um einer Übernahmeofferte eine Absage zu erteilen. Künftig reicht bereits die „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.
Zudem wurden mit der Novellierung der AWV die meldepflichtigen Branchen ausgeweitet. Hinzu kamen jetzt insbesondere die Bereiche Schutzausrüstung und Medizin. Damit weitet der Staat den Bereich der kritischen Infrastruktur massiv aus und sichert sich weitere Einfluss- und Widerspruchsmöglichkeiten.
Fazit: Die angezogenen protektionistischen Maßnahmen verstärken den Trend der Deglobalisierung. Der neue Kooperationsmechanismus macht es für ausländische Unternehmen viel schwieriger, in der EU Unternehmen oder Unternehmensteile zu kaufen. Ausländische Übernahmen in Branchen Medizin, Versorgung (Energie), Software, Telekommunikation, oder Medien werden deutlich erschwert. Der Staat schränkt den freien Markt weiter massiv ein.