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„Rechtsvergessenheit“ der EU

Europapolitik: Schelte von Verfassungsrichter Müller

Die EU-Staaten laufen in ihrem Politik- und Rechtsverständnis auseinander. Dafür gab es jetzt Schelte von Bundesverfassungsrichter Peter Müller.
Bundesverfassungsrichter Peter Müller wirft der europäischen Politik „Rechtsvergessenheit“ vor. Er macht diese wesentlich mitverantwortlich für die Abwendung der Menschen von der europäischen Idee. Hinzu käme ein überbordender Regelungsanspruch und die Nicht-Beachtung des Subsidiaritätsprinzips. Müller sprach auf dem Deutschen Vermögensverwaltertag in Dresden. Dabei spannte er den Bogen von der Grundstimmung, die Donald Trump in den USA ins Weiße Haus getragen hat, bis zur Situation in Europa. Müller sieht schwere Rechtsverletzungen durch die Politik, die die Glaubwürdigkeit politischer Versprechungen untergraben. Zunächst sei das 60%-Gesamtverschuldungskriterium schon bei der Euroeinführung nicht ernst genommen worden, erwähnte der ehemalige CDU-Ministerpräsident des Saarlandes. Es sei, als etliche der Kandidaten es nicht erfüllten, kurzerhand auch in ein Tendenz-Kriterium umgedeutet worden. Wer sich in die richtige Richtung bewegte, war plötzlich qualifiziert. So kamen Italien und Belgien mit weit über 100% Verschuldung in den Euro. Ebenso wenig sei das 3%-Defizitkriterium bis heute ernst genommen worden. Zwar gebe es ausreichend Sanktionsmechanismen. Aber bis heute habe die Kommission als Hüterin der Verträge „in null Fällen“ Sanktionen verhängt. Hinzu komme die Aussage von Frankreichs Präsident François Hollande in seinem Buch „Ein Präsident dürfte so etwas nicht sagen“, es gebe ein gentlemens agreement zwischen Frankreich und der Kommission, dass für Paris die Defizitgrenze nicht gelte. Müller stößt das aus deutscher Sicht absurde Rechtsverständnis in Partnerstaaten der EU auf. So habe die einstige Finanzministerin Frankreichs und heutige Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, bei Finanzminister Wolfgang Schäubles ständigem Verweis auf die Grenzen, die die Verfassung und das Verfassungsgericht dem deutschen Gesetzgeber setze, gesagt: Wenn sie das Wort Verfassungsgericht noch einmal höre, verlasse sie den Saal. Und Nicolas Sarkozy habe als Präsident Angela Merkel aufgefordert, das (nervige) Bundesverfassungsgericht doch einfach abzuschaffen. In Griechenland stünde jetzt der Chef der Statistikbehörde vor Gericht. Er hatte die Zahlen, die nach Brüssel geliefert wurden, nicht deutlich genug geschönt. Und CDU-MdB Wolfgang Bosbach legte kurz mit einem offenen Wort zum deutschen Gesetzgeber nach: Wenn der IWF sich aus der Griechenland-Finanzierung zurückziehe, werde der Bundestag dem dritten Finanzierungspaket dennoch zustimmen – auch wenn jetzt Wolfgang Schäuble und zahlreiche Abgeordneten die Beteiligung des IWF zur conditio sine qua non erhoben. „Europa wird als Eliteprojekt scheitern und nur als verfasste Rechtsgemeinschaft erfolgreich sein“, sagte Müller. Die jetzige Situation führe zu Vertrauensverlust und Abwendung. Die Warnungen seien mehr als deutlich. Er verwies zuvorderst auf den Brexit.

Fazit: Asymmetrien gibt es nicht nur zuhauf in Europas Ökonomien, es gibt sie auch im Politik- und Rechtsverständnis. Das macht die jetzige schwierige Phase des Projekts Europa politisch kaum noch lösbar. Peter Müller jedenfalls empfiehlt Europa zuvorderst eine Rückkehr zum Recht.

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