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Produktivität oder Nachhaltigkeit?

Frankreich und Polen wollen EU-Agrar-Strategie kippen

Traktor sprüht Dünger auf ein Feld © Dusan Kostic / Fotolia
Infolge des Ukraine-Krieges ist in der EU ein neuer Agrar-Streit entflammt. Frankreich und Polen fordern eine Abkehr von der bereits beschlossenen EU-Agrarstrategie 2023 - 2027. Der Fokus soll künftig entgegen dem Beschluss stärker auf Produktivität als auf Nachhaltigkeit gelegt werden. Hinter dem Vorstoß stehen rein nationale Landwirtschafts-Interessen.

Der Ukraine-Krieg löst in der EU einen neuen Agrar-Streit aus. Der wurde in der Orientierungsdebatte im EU-Parlament heute (Montag) sichtbar. In dem neu aufgeflammten Konflikt geht es im Kern um die Frage, ob in der Landwirtschaft weiter Nachhaltigkeitsziele mit hoher Priorität verfolgt werden sollen. Oder ob das Ziel einer europäischen Eigenversorgungssicherheit und damit die Frage der Produktivität viel höher gewichtet werden soll. Die europäische Strategie (2023 – 2027) sieht unter anderem vor, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu halbieren und den Gebrauch von chemischen Düngemitteln um 20% zu reduzieren.

Frankreich und Polen wollen EU-Agrar-Strategie kippen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der gerade im Präsidentschaftswahlkampf aktiv ist, will die EU-Strategie zum Umbau der europäischen Agrarwirtschaft nun „anpassen“. Macron strebt an, die stärker auf Nachhaltigkeit abzielende EU-Strategie (Farm-to-Fork) wieder zu mehr Produktivität zurückzudrehen. Für Frankreich hat er jetzt das Ziel ausgegeben, die „landwirtschaftliche Unabhängigkeit“ zu erreichen. Demnach könne sich Europa nicht leisten, weniger zu produzieren. Die Farm-to-Fork-Strategie basiere auf einer Welt „vor dem Ukraine-Krieg“.

Unterstützung bekommt Marcon aus Polen. Auch der polnische Agrarkommissar Janusz Wojciechowski will die Umsetzung der wichtigsten EU-Strategie für Nachhaltigkeit im Lebensmittelsektor jetzt verschieben. Das laufende Verfahren müsse jetzt schnell „gestoppt und ausgesetzt“ werden. Vor allem die Nationalen Strategiepläne (NSP) sollten demnach jetzt eine besonders hohe Priorität bekommen, so der Kommissar. Hintergrund: Die NSP waren ein wesentliches neues Element in der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP). In diesen NSP haben die Länder hohe Freiheiten selbst festzulegen, wie sie die EU-weiten Agrar-Ziele erreichen wollen.

Anpassungsschmerzen für Landwirte sollen vermieden werden

Hinter dieser Kehrtwende stehen klar nationale Interessen. Denn sowohl Frankreich als auch Polen hätten ihre Landwirtschaften besonders stark umbauen müssen, um den neuen EU-Ziele gerecht zu werden. Zugleich sind beide Länder die Top-Empfänger von EU-Agrarsubventionen. Die EU zahlte 2019 insgesamt 54,4 Mrd. Euro (davon 38,2 Mrd. Direktzahlungen, 13,8 Mrd. für die Entwicklung des Landwirtschaftlichen Raumes). Frankreich bekam mit über 8 Mrd. Euro das meiste Geld. Spanien, Deutschland (6 – 8 Mrd. Euro) und Polen (4 – 6 Mrd. Euro) folgen auf den Plätzen.

Fazit: Frankreich und Polen nutzen die Gunst der Stunde und versuchen, Veränderungsdruck von ihren Landwirtschaften zu nehmen. Vor dem Hintergrund des Krieges wird die bereits beschlossene EU-Strategie nun unter dem Aspekt der Ernährungssicherheit neu geführt. Wir erwarten eine Verschiebung weg nach Nachhaltigkeit und wieder stärker zu Produktivität, zumal auch Deutschland dem nicht im Wege stehen dürfte.
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