Geld mit Staatsgarantie
Eine private Initiative in der Schweiz startet im Mai den Versuch, eine neue Geldordnung zu etablieren.
Eine private Initiative in der Schweiz startet im Mai den Versuch, eine neue Geldordnung zu etablieren. Sie will den Banken die Möglichkeit der Geldschöpfung durch Kredit entreißen. Am Donnerstag (1. Mai) beginnt die Unterschriftensammlung zum „Vollgeld“ durch den Verein MoMo (Monetäre Modernisierung). Er will bereits 64.000 von 100.000 notwendigen Stimmen zugesagt bekommen haben. 18 Monate haben die Initiativler Zeit, die Unterschriften zu bekommen. Hätte die Initiative Erfolg, bekäme die Notenbank die volle Kontrolle über die Geldmenge – die sie heute nicht hat. Sie kontrolliert nur den Bargeldumlauf in Münzen und Scheinen – das sind aber lediglich 10% der Geldmenge. 90%, so MoMo, würde von den Banken bestimmt. Denn das „virtuelle“ Geld auf Bankkonten bringen die Privatbanken in Umlauf. Sie vergeben Kredit nicht nur – wie meist behauptet – aus den Einlagen ihrer Kunden. Sie vergeben es gegen Sicherheiten (oft Immobilien) und können sich für diese Forderungen selbst frisches Geld bei der Notenbank besorgen. Die gesetzliche Mindestreserve von 2,5% der Bankbilanz zur Begrenzung der Kreditvergabe funktioniere daher nicht. Geldvermögen auf privaten Konten sind nur Forderungen gegenüber einer Bank. Sie sind nicht geschützt und können bei einer Bankenpleite perdu sein. Das will die Initiative ändern. Das Vollgeld käme einer staatlichen Garantie der Bankguthaben gleich. Die Notenbank soll es direkt dem Staat bereit stellen oder den Bürgern wie eine Dividende pro Kopf auszahlen. So volksnah das Modell scheint, so riskant ist es auch. Denn der Bankkredit ist ein zentraler Motor unseres Wirtschaftssystems. Wer Kredit nimmt, ist genötigt, sich anzustrengen, diesen zurück zu zahlen und den laufenden Zins zu bedienen: eben zu wirtschaften. Denn er hat sein Pfand im Feuer, das er verliert, wenn er seinen Pflichten nicht nachkommt. Dieser Druck würde beim Vollgeld entfallen. Allerdings wird insbesondere im Euroraum dieses System inzwischen regelmäßig durchbrochen. Denn die Notenbank hat durch ihre Sicherheitenpolitik nachgelagert einen Steuerungshebel in der Hand. Wenn sie – wie aktuell die EZB – die Qualität der Sicherheiten immer weiter herunterschraubt, um auch griechische Anleihen zur Geldausgabe akzeptieren zu können, schafft sie tatsächlich Inflationsgeld. Das zeigt sich zwar nicht in der Konsumentenpreisteuerung, aber dafür auf den Kapitalmärkten (asset price inflation).
Fazit: Die Vollgeldinitiative hätte nirgends eine Chance – außer in der Schweiz. Sollte das Experiment tatsächlich genügend Anhänger finden (was wir bezweifeln), wird es zu einem massiven Schock in der schweizerischen Wirtschaft kommen.