Greenwashing wird zu finanziellem Risiko
Greenwashing wird für Unternehmen bald zu einem erheblichen finanziellen Risiko. Denn die EU arbeitet derzeit an einer neuen Richtlinie gegen Greenwashing. Sie wird in den kommenden Wochen von der Kommission vorgelegt und dann mit dem Rat und dem EU-Parlament abgestimmt. Die Regelung könnte schon Anfang 2025 in Kraft treten.
EU will konkreten Rahmen für Unternehmen setzen
Die EU-Mitgliedsstaaten müssen dann nationale Gesetze erlassen, mit denen die Umweltaussagen geregelt werden. Die Gesetze sollen dann präzise regeln, welche konkreten Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Unternehmen umweltbezogene Aussagen über ihre Produkte und ihr Handeln machen können.
Das Spektrum, das unter die neuen Greenwashing-Regeln fällt und von Unternehmen beachtet werden muss, ist sehr breit. Es geht um Aussagen zur Lebensdauer eines Produkts, zur Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit. Aber auch Aussagen zu verwendeten Recycling- oder natürlichen Bestandteilen, zur Umweltfreundlichkeit eines Produkts, zur Verrottungsfähigkeit und CO2-Neutralität usw. fallen darunter. Sogar die Nutzungsweise eines Produktes sollen von der neuen EU-Richtlinie abgedeckt werden. Und es wird Regeln geben, um die Umweltauswirkungen zu erfassen und zu berechnen. Umweltaussagen werden immer wichtiger, weil die Verbraucher weltweit immer größeren Wert auf umweltfreundliche Produkte legen.
Unabhängige Prüfer sollen die Umweltaussagen bezeugen
Behauptungen von Unternehmen zur eigenen Umweltfreundlichkeit müssen in Zukunft nachgewiesen werden. Unabhängige Prüfer sollen die Behauptungen untersuchen. Ein niedriger CO2-Ausstoß durch die Produktion mit erneuerbarem Strom müsste dann etwa vom TÜV zertifiziert werden, damit ein Unternehmen damit werben kann. Die Sanktionen bei Verstößen sollen „abschreckend“ sein. Das kann eine Berechnung des Strafmaßes als Anteil des Umsatzes sein. Derartige Strafen hat die EU schon bei früheren Richtlinien (wie der DSGVO) eingeführt, um für die Einhaltung zu sorgen.
Wahl der Methoden zum Nachweis bleibt Unternehmen überlassen
Unternehmen, die nicht belegbare Werbeaussagen zur Umweltfreundlichkeit von Produkten machen, gehen dann in Zukunft finanziell erhebliche Risiken ein. Das gilt sowohl für Produktwerbung, wie auch für Werbeaussagen, die sich auf ein ganzes Unternehmen beziehen. Die Richtlinie lässt den Unternehmen allerdings einen Spielraum, mit welchen Methoden sie ihre Umweltaussagen untermauern wollen. Für einige Produkte wie Textilien, Lebensmittel und Verpackungen gibt es jedoch Vorgaben der EU nach der PEF-Methode (Product-Environmental Footprint). Dabei werden die Umweltauswirkungen eines Produktes während der gesamten Lebensdauer berechnet.
Gerichte machen schon jetzt die Spielräume für Werbeaussagen enger
Der Spielraum wird für Unternehmen aber auch ohne die Richtlinie schon deutlich kleiner. Einem Urteil des Stuttgarter Landgerichts zufolge reicht es nicht aus, die CO2-Emissionen, die bei der Produktion eines Gutes entstehen, ausschließlich mit Zertifikaten zu kompensieren. Ein Unternehmen muss demnach eigene Anstrengungen vorweisen, etwa nur noch erneuerbaren Strom beziehen.
Nur wenn CO2-Zertifikate zusätzlich gekauft werden, um Restemissionen zu kompensieren, kann das Unternehmen mit einer „CO2-neutralen Produktion“ werben. Dieses Urteil hat Signalwirkung für Unternehmen. Prüfen Sie ggf. Ihre Produktionsprozesse, damit Sie nicht in ein rechtliches Risiko laufen.
Fazit: Bisher war Greenwashing "lediglich" ein Imagerisiko. Wenn es öffentlich wurde, das Unternehmen nur wenig für die Umwelt tun, aber damit werben, war die Aufregung groß. Greenwashing wird aber zunehmend zu einem finanziellen Risiko. Die geplante EU-Richtlinie wird den Druck auf Unternehmen ordentlich erhöhen. Strategisch ist zu prüfen, wie Unternehmen rechtssicher "sauber" werden - oder ob sie künftig auf Öko-Werbeaussagen verzichten.
Urteil Landgericht Stuttgart vom 30. Dezember 2022, Az. 53 O 169/22