Großbritannien rückt näher an die EU
Großbritannien wird der nach Wahl (Donnerstag) wieder deutlich näher an die EU heranrücken. Das ist die Einschätzung politischer Beobachter aus London im Gespräch mit FUCHSBRIEFE. Der Schlüssel für die neue Annäherung ist die Sicherheitspolitik.
Der Sieg der Labour-Partei mit ihrem Vorsitzenden Keir Starmer ist nahezu sicher. Labour wird dann die Konservativen von Rishi Sunak ablösen. Die Partei hat dann 14 Jahre regiert. Sofortige weitreichende Veränderungen in der britischen Politik sind nicht zu erwarten. Ausgeschlossen ist auch ein kompletter rollback in Richtung EU-Beitritt. Im Wahlprogramm heißt es: „With Labour, Britain will stay outside of the EU. Ein Wiedereintritt in die EU ist daher keine Option. Darum meidet Starmer Reizworte wie Binnenmarkt und Zollunion.
UK-Annäherung über die Verteidigungspolitik
Großbritannien wird unter Labour künftig einen ähnlichen Status wie die Schweiz anstreben. Das Ziel Londons wird sein, mit der EU bilaterale Verträge auszuhandeln. Dafür müsste Großbritannien auf die EU zukommen und Brüssel die Forderungen geschmackhaft machen.
Die erste Suche nach mehr Gemeinsamkeiten und bilateralen Lösungen wird es auf dem Feld der Sicherheits- und Verteidigungspolitik geben. Denn daran hat UK und die EU mit Blick auf den Ukrainekrieg ein großes Interesse. Hinzu kommt, dass in den USA Donald Trump erneut US-Präsident werden könnte. Das dürfte von Europa mehr gemeinsame Anstrengungen für eine gemeinsame Verteidigungspolitik abverlangen. Wir hören von unserem Korrespondenten aus London, dass UK sehr zügig eine enge Zusammenarbeit (Verteidigung, Rüstung) mit Deutschland und Frankreich anstreben wird.
Großbritanniens Anliegen an die EU
Auf anderen wirtschaftlichen Gebieten wird Großbritannien dann nach gleichem Muster nachziehen. Denn die Briten sind seit dem Brexit unzufrieden mit dem Status quo. Das belegen diverse Studien. Die britische Wirtschaft leidet unter den gestiegenen Preisen und dem Fachkräftemangel leidet. Zudem wird das Reisen massiv erschwert.
In bilateralen Verträgen könnten diverse Themen zu beiderseitigem Vorteil gelöst werden. So ist ein Veterinärabkommen denkbar, mit dem für das britische Volk wichtigem Ziel, die Lebensmittelkosten zu senken. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, strebt die Labour-Partei außerdem die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen an. Ob Brüssel den Ball aus UK annimmt, ist noch abzuwarten.
Labour-Sieg ist gut für Brüssel
Für Brüssel wird das Wahlergebnis eine politische Entlastung sein. Denn während Frankreich nach rechts rückt, schwenkt UK nach links. Der Sieg der Labour-Partei öffnet Brüssel die Möglichkeit, den EU-kritischen rechtspopulistischen Partei in der EU ein anderes politisches Gravitationszentrum entgegenzusetzen.