Janusköpfiges Ungarn
Ministerpräsident Orbán ist im Ausland umstritten, doch die Wirtschaft seines Landes floriert - gute Chancen für Investitionen.
Außen- und Innensicht zu Ungarn stehen in einem scharfen Kontrast. In der EU ist Ministerpräsident Victor Orbán beinahe zur persona non grata avanciert, im Land selbst herrscht hingegen Optimismus. Während Orbán ausländische Grundbesitzer und Unternehmen enteignet und Günstlinge beschenkt, freuen sich die Ungarn über eine gut laufende Konjunktur. Das haben wir bei den Feiern zum Nationalfeiertag am 20. August erlebt. Ungarns BIP wird 2015 um mehr als 3% zulegen. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Euroraum (1,4%). Der Aufschwung wird nicht nur vom Tourismus getragen. Der allerdings wächst kräftig mit knapp zweistelligen Raten. Das Land wird zu einem beliebten Urlaubsziel für Tschechen, Slowaken und Polen. Großstädte, voran Budapest, erleben einen Besucheransturm. Die Hauptstadt Ungarns soll schon in fünf Jahren die meistbesuchte Stadt Mittel- und Osteuropas sein. In Ost-Ungarn wird die Tourismus-Infrastruktur ausgebaut. Vorteilhaft für das Land ist die geringe Abhängigkeit von China. Lediglich 1% der ungarischen Exporte geht dorthin. Der weit überwiegende Teil wird nach Europa exportiert, gut 30% nach Deutschland. Die gefallenen Rohstoffpreise spielen Ungarn in die Karten. Denn sie verbilligen die Importe deutlich. Und der Konjunktur-Schwung wird anhalten. Es wurde und wird kräftig investiert – vielfach mit EU-Fördermitteln. Die Baubranche der Magyaren boomt. Sie hat eine sechsjährige Krise überwunden. In West-Ungarn lebt die Landwirtschaft auf. So werden neben den typischen ungarischen Exportgütern (Paprika, Melonen, Salami) gute ungarische Weine wiederentdeckt. Der in Westeuropa äußerst kritisch gesehene Ministerpräsident hat im Land der Magyaren einen sehr großen Rückhalt. Sogar die politischen Eingriffe ins Privateigentum (z. B. das Verbot, Agrarflächen zu kaufen) werden von der Mehrheit der Ungarn unterstützt. Kaum einer möchte, dass sich westliche Investoren das ganze Land einverleiben. Immobilienkäufe sind dennoch möglich – und auch rechtssicher.
Fazit: Ungarn bietet mittelfristig gute unternehmerische Chancen, insbesondere im Bau- und Tourismus-Sektor.