Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sah in den Anleihekäufen der EZB nach dem (inzwischen überholten und halb vergessenen) OMT-Programm eine Überschreitung der notenbanklichen Kompetenzen und legte den Fall dem EuGH vor. Der Generalstaatsanwalt plädierte im Januar für Milde und will der EZB freie Hand lassen.
Eine Klausel soll dem Bundesverfassungsgericht das Gesicht wahren helfen. Die EZB überschreite ihre Kompetenzen bei diesem Hilfsprogramm nicht, wenn sie sich an den begleitenden Reformprogrammen der Troika („Wirtschaftspolitik“) nicht beteilige, dort also aussteige. Eine etwas irre Bedingung, denn die Hilfsfonds wie EFSF oder ESM setzen für alle Maßnahmen zwingend die Mitwirkung der EZB voraus und auch das OMT-Programm selbst ist auf diese Gegenseitigkeit angelegt.
Die Luxemburger Richter arbeiten nach der Maxime: den europäischen Laden zusammenhalten. In ähnlichen Fällen – z. B. im Wettbewerbsrecht – beurteilten sie schlicht, ob das beklagte Vertragsorgan, hier die EZB, von seinem Ermessen nach den europäischen Verträgen Gebrauch gemacht hat. Die politischen Folgen fallen bei dieser formalen Betrachtung unter den Tisch. Der EuGH will nicht Sand im Getriebe der Euro-Politik sein. Die deutschen Kläger stehen denn auch völlig allein da. Kein Parlament, keine Regierung steht auf ihrer Seite. Also werden die Richter dem Generalanwalt folgen und das OMT Programm absegnen. Vorstellbar sind allenfalls einige einschränkende, aber erfüllbare Bedingungen.
Das seit Anfang März laufende zirka 1.100 Mrd. Euro umfassende Ankaufprogramm der EZB ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Abstrahlende Wirkung wird es aber haben: Denn sein Ziel sind niedrige Zinsen und Schutz vor Deflation, also formal „legitime Geldpolitik“. Da sämtliche Euro-Finanzminister, an ihre Schuldenberge denkend, freundlich nickend zuschauen, wird es Luxemburg ebenfalls abnicken. Begleitende Placebos sind fürs BVG gedacht. Man will keinen Krach mit Karlsruhe. Umgekehrt gilt das gleiche.
Fazit: Die Luxemburger Richter wollen weder die Euro-Rettungspolitik noch die Handlungsfähigkeit der EZB beschädigen. Der für Karlsruhe negative Ausgang wird in Europa wenig Bedauern finden.