Langer Weg zurück aus den Sanktionen
Die Sanktionen gegen Russland werden auch über das Ende der Kampfhandlungen hinaus noch lange bestehen bleiben. Darauf sollten sich Unternehmen (Lieferketten, Absatzmärkte) und Verbraucher (Preise und Warenverfügbarkeit) einrichten. Hoffnungen, auf eine relativ zügige Rückkehr zu wieder funktionierenden Wirtschaftsbeziehungen, sollten nicht zu hoch gesteckt werden.
Für die EU gibt es nur ein Szenario, die Sanktionen gegen Russland umfassend und relativ zeitnah zurückzunehmen. Das geht nur dann, wenn Russland und die Ukraine mit Präsident Wolodimir Selenskyj einen Friedensvertrag aushandeln. Wenn Russland sein Ziel – die Absetzung der gewählten ukrainischen Regierung und die Einsetzung eines kremlfreundlichen Marionettenregimes – erreichen sollte und die Kämpfe danach beendet werden, kann die EU ihre Sanktionen nicht aufheben. Diese Einschätzung bestätigt uns das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW).
Bei Friedensabkommen mit der Regierung Selenskyj kann die EU von Sanktionen abrücken
Die Sanktionen gegen Russland werden aber auch dann nur im Schneckentempo wieder zurückgenommen. Die EU wird sehr langsam und schrittweise vorgehen. Im Fall eines Waffenstillstands könnten kleinere Sanktionen, wie das Exportverbot für (Verkehrs-) Flugzeugersatzteile aufgehoben werden. Die schwerwiegenden Sanktionen werden erst dann zurückgenommen, wenn sich zeigt, dass Russland einen Friedensvertrag auch einhält. Diese Bewährungsfrist wird etliche Monate nach Vertragsabschluss noch andauern.
Dass die EU die Sanktionen durchhalten kann, hat sie schon bewiesen. Seit der Annexion der Krim und des Kriegs in den von Russland unterstützten Separatistengebieten im Donbass 2014 hat die EU Sanktionen gegen Russland erlassen. Sie wurden bisher nie zurückgenommen. Sie hielten allen zwischenzeitlichen Regierungswechseln in Europa stand und auch den zahlreichen innenpolitischen Konflikten.
Keine Rückkehr zu den alten Wirtschaftsbeziehungen
Eine Rückkehr zu den wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und Russland der Vorkriegszeit wird es aber auf Jahre hinaus nicht geben. Insbesondere bei den Energielieferungen wird die EU Alternativen zu Russland suchen, vor allem bei Erdgas (FB vom 10.3.22). Mittelfristig könnten Länder wie Iran, Ägypten, Algerien, Niger und Nigeria sowie Zypern eine wichtige Rolle als Gaslieferanten spielen. Sie müssen aber zunächst die Förderung und Verladeinfrastruktur ausbauen. Norwegen kann kurzfristig einspringen.
Für Unternehmen und Verbraucher wird das dennoch langfristig höhere Energiekosten als in den vergangenen Jahren bedeuten. Allerdings werden die Preise auch bei weitem nicht so hoch bleiben wie derzeit. Die akuten kriegsbedingten Lieferunsicherheiten werden auslaufen.