Die Sozialdemokratie in Europa verliert zunehmend an Einfluss. Inhaltliche oder personelle Besserung ist nicht in Sicht. Folglich beherrschten Molltöne das Treffen der sozialdemokratischen Partei- und Regierungschefs aus ganz Europa vergangene Woche in Prag. Es stand ganz im Zeichen eines absehbaren und mittlerweile eingetretenen weiteren Machtverlustes in Italien.
Absehbar ist: Der Trend wird sich forsetzen. Eine weitere gewichtige Einbuße an Macht und Einfluss steht 2017 in Frankreich bevor. Es ist auch mit Manuel Valls als Kandidat sehr unwahrscheinlich, dass die Sozialisten beim Run auf den Élysée erneut das Rennen machen, nach dem der Sozialist François Hollande so schmählich gescheitert ist. Zudem muss Martin Schulz (SPD) das Amt des höchsten europäischen Parlamentariers aufgeben. Und der Gastgeber, Tschechiens Premier Bohuslav Sobotka, muss nach 15,2% für seine Partei bei den jüngsten Regionalwahlen im nächsten Herbst ebenfalls um die Wiederwahl bangen.
Trotz der traurigen Bilanz macht die offensichtliche Not Europas Sozialdemokraten nicht erfinderisch. Das Spitzenpersonal bleibt farblos und austauschbar, die Programmatik dieselbe wie bei der letzten Europawahl 2014. Wirtschaftswachstum, Prosperität und die Sicherheitspolitik sind, so das Ergebnis von Prag, die Prioritäten der Sozialdemokratie in der Europäischen Union.
Eine reale Machtperspektive ist in keinem größeren europäischen Land auszumachen. Von Spanien im Süden bis Norwegen (EWR-Mitglied) im Norden sind Konservative am Ruder. Hart bedrängt jeweils von Rechtsaußen – aber nicht von Sozialdemokraten. Die wiederum verlieren nach rechts und links Wähler.
Sozialdemokratische Politik wird noch im Deutschland Angela Merkels (CDU) umgesetzt. Aber die Sozialwohltaten der großen Koalition haben die Wähler nicht in Massen zur SPD zurückgeholt, die einst Gerhard Schröder aus der Mitte angelockt hatte. Und nach der Ära von Schröders Partner im Geist, Tony Blair, findet sich in der einst so starken britischen Labour Party kein für die Wähler attraktiver Nachfolger. Jeremy Corbyn spielt beim eigentlich von der Partei abgelehnten Brexit eine Statistenrolle, statt die Opposition anzuführen.
Fazit: Im Augenblick haben die Sozialdemokraten weder national noch international das richtige Angebot für Wähler. Wirtschaftspolitisch kommen nur Sprechblasen.
Hinweis: Die (noch) acht sozialdemokratischen Regierungschefs in Europa sind António Costa (Portugal), Robert Fico (Slowakei), François Hollande (Frankreich), Christian Kern (Österreich), Stefan Löfven (Schweden), Joseph Muscat (Malta), Matteo Renzi (Italien- kommissarisch), Bohuslav Sobotka (Tschechien). Mindestens die Hälfte wackelt.