Von hart zu moderat
Athens Gläubiger legen die harten Bandagen bald zur Seite. Das liegt auch an Wahlen in mehreren europäischen Ländern.
Schon in gut zwei Jahren dürfte es ein neues Abkommen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern geben. Dieses neue Paket dürfte stärker darauf abzielen, die griechische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Zugleich dürften die harten Sanierungsforderungen abgemildert werden. Ziel wird sein, die Chancen auf eine Rückzahlung der Kredite an die Gläubigerstaaten und Institutionen langfristig zu verbessern. Möglich wird dies durch grundlegend veränderte politische Rahmenbedingungen in Europa. Denn bis Ende 2017 finden in den wichtigsten EU-Staaten Wahlen statt. Noch im Herbst bzw. Winter 2015 wählen Portugal und Spanien ein neues Parlament. Bisher waren die Regierungen in beiden Ländern politische Hardliner gegenüber Griechenland. Diese Notwendigkeit besteht nach den Wahlen nicht mehr zwingend. In Deutschland und Frankreich sind 2017 entscheidende Wahlen überstanden. In dem Jahr wird in Frankreich ein neuer Präsident gewählt. Im Herbst des Jahre steht die Bundestagswahl an. Zuvor wählen 2016 noch Irland, die Niederlande und Zypern neue Parlamente. Daneben steht dann voraussichtlich das EU-Referendum der Briten an. Sind all diese Termine überstanden, können die jeweiligen Regierungschefs, ohne existenzgefährdenden innenpolitischen Druck aushalten zu müssen, leichter inhaltliche Kompromisse mit Hellas schließen als dies jetzt der Fall ist. Zwei relevante Hardliner gegenüber den Griechen werden dann voraussichtlich nicht mehr mit am Verhandlungstisch sitzen. Einer dürfte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sein. Der hat sich auch hartnäckig gegen die Haltung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) positioniert. Dies war ein fundamentaler Konflikt. Merkel wird darauf hin arbeiten, nach der nächsten Wahl einen moderateren Finanzminister zu ernennen. Schäuble wäre dann ohnehin 75 Jahre alt. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sucht seinen Exit als Gläubiger. Er drängt vehement auf Schuldenerleichterungen für Griechenland. Dies ließe sich dadurch bewerkstelligen, dass die Eurostaaten die Griechenland-Kredite des IWF übernehmen. Geholfen wäre damit allen Seiten. Der Währungsfonds könnte das Kapitel Griechenland schließen und bräuchte selbst keinen Schuldenschnitt hinnehmen. Die Darlehen für Griechenland könnten durch wesentlich günstigere ESM-Kredite ersetzt werden – Hellas spart. Schließlich: Mit dem IWF-Auszug aus der Troika werden künftige Verhandlungen mit Griechenland leichter, weil eine Verhandlungspartei weniger am Tisch sitzt, die Interessenlage der Gläubiger weniger heterogen ist und es sich dann um ein innereuropäisches Schulden-Problem handelt. Vorbild für die moderatere Linie dürfte die Krisenstrategie sein, die sich in Irland und Spanien bewährt hat. Dort waren die Spar- und Reformauflagen wesentlich weniger streng als in Griechenland. Vor allem Spanien wurde zuletzt still und leise eine Reduzierung der Sparmaßnahmen zugestanden, um so eine leichte Wiederbelebung der Wirtschaft zu ermöglichen. Auch wurden die Beamtengehälter und Rentenzahlungen auf dem Vorkrisenniveau belassen. Ergebnis: Die spanische Volkswirtschaft ist zuletzt wieder stark gewachsen.
Fazit: Es zeichnet sich ab, dass es einen stillen Politikwechsel gegenüber Griechenland geben wird. Nach den harten Forderungen, die vielfach innenpolitisch motiviert waren, dürfte die praktische Politik nach 2017 wesentlich sanfter sein.