Zu kompliziert für diese Welt
Auch wenn sie gerade mehr denn je von Politik und Verbänden eingefordert wird, die Begeisterung der Unternehmer für die EU hält sich in – zum Teil engen – Grenzen. Das wurde bei einer Diskussionsveranstaltung beim DIHK („DIHK Lounge") deutlich. Einerseits werden die wirtschaftlichen Vorteile des Binnenmarktes gesehen und geschätzt. Auch die Friedenssicherung in Europa wird als ein großer Wert gesehen.
Kleine Firmen haben jedoch den Eindruck, mit ihren Problemen bei der Umsetzung von EU-Rechtsetzungsakten hinten runter zu fallen. So mussten sich die vertretenen Politiker Daniel Caspary (MdEP, CDU), Markus Töns (MdB, SPD), Nicole Beer (MdB, FDP), Reinhard Bütikofer (MdEP, Bündnis 90/Grüne), Özlem Demirel (Spitzenkandidatin Die Linke) und Jörg Meuthen (MdEP, AfD) manch harsche Kritik anhören.
Unternehmen klagen über DSGVO
Etwa zur Datenschutzgrundverordnung. Ein Handwerker klagte über die anhaltende Rechtsunsicherheit, in der er sich wähnt, da er sich nicht in der Lage sieht, die 150 Seiten Verordnungstext zu lesen und die geforderten bis zu 1.000 Seiten Dokumentation zu erstellen. „Keiner sagt hier was zur Reparatur der DSGVO", klagte er.
Betroffen seien alle Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Sie stellen 88% der Gesamtzahl der Unternehmen in Deutschland. „Wenn wir das wirklich umsetzen würden, wären wir alle pleite." Ihm wurde entgegnet, da sei die nationale Politik bei der Umsetzung übers Ziel hinausgeschossen. Außerdem gebe es leider in Deutschland das spezielle Problem des Abmahnwesens. Und der Wunsch nach Rechtssicherheit stünde dem Problem der Überregulierung im Detail entgegen.
Umwelterfordernisse werden zur Belastung
Ein Vertreter des größten Kupferrecyclers der Welt, Aurubis (6.700 Mitarbeiter), nahm sich Grünen-Parlamentarier Reinhard Bütikofer vor. „Wir sind in der Welt der sauberste Kupferproduzent. Bei Einführung des CO2-Handels wurde uns versprochen, wer sauber ist, bekommt 100% Erlass. Heute zahlen wir aber 50% der Zusatzkosten." Das Gefälle zu den USA sei enorm: „Hier zahlen wir 6 Cent, in USA 2,5 für die kWh." Kupfer koste aber auf der ganzen Welt das gleiche. Zusatzkosten beim Strom an Kunden weiterzugeben, funktioniere nicht.
Was auffällt: Die Kritik wird rumgereicht. Seine eigene Bundestagsfraktion habe bei der Vorbereitung der DSGVO geschlafen, kritisierte der SPD-Abgeordnete Töns. Offensichtlich ist auch die völlige Überforderung der Parlamentarier. Sie sind kaum in der Lage, der nationalen Gesetzgebung so zu folgen, dass sie im Bundestag qualifiziert abstimmen und ihrem Gewissen folgen können. Jetzt sollen sie auch noch die Gesetzgebung auf europäische Ebene nachvollziehen.
Fazit: Europa ist in den gegenwärtigen Strukturen nicht zukunftsfähig. Eines der Kernprobleme lautet: Es fehlt eine Brücke aus dem Brüsseler Elfenbeinturm in die Niederungen des Alltags.