Zurück auf Los
Zerplatzter Traum: Auf der EU-Beitrittsbühne senkt sich langsam der Vorhang für den schwächelnden Mann am Bosporus.
Im Schatten der Türkei-Wahl fiel eine richtungsweisende Entscheidung des EU-Parlaments. Es gibt keine weiteren neuen Verhandlungskapitel im Rahmen des seit zehn Jahren laufenden Beitrittsverfahrens. Bereits verabschiedete werden zudem neu aufgerollt. So will es jedenfalls das EU-Parlament. Ankara hat zahlreiche Forderungen nicht erfüllt. Es gibt weiter in großem Stil Korruption, massive Einschränkung der Pressefreiheit, fehlende Rechtsstaatlichkeit und die türkische Verweigerungshaltung in der Zypernfrage. Das sind nur die wichtigsten Beispiele. Die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament: “Wir sind nicht bereit, uns von der Türkei an der Nase herumführen zu lassen.“ Die Parlamentswahl in der Türkei sorgt zusätzlich für Unsicherheit. Denn die bisher allein regierende AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan braucht einen Koalitionspartner. So lange, wie nicht klar ist, wer mit wem regiert, halten sich die ausländischen Investoren zurück. Die türkische Lira hat seit Jahresbeginn schon 15% an Wert gegenüber dem US-Dollar eingebüßt. Die Notenbank müsste deshalb die Zinsen erhöhen. Das wäre auch angesichts der sich beschleunigenden Inflation von zuletzt 8% erforderlich. Stattdessen hatte die Zentralbank die Zinsen auf Wink Ankaras vor den Wahlen auf 7,5% gesenkt.
Fazit: Ein Beitritt der Türkei zur EU ist in weiteste Ferne gerückt. Das lässt innenpolitisch allerdings den Reformdruck noch weiter schwinden.