Geldpolitik in Zeitnot
In den Tageszeitungen wird gerade die beste aller Börsenwelten gefeiert, die BIZ in Basel lobt die weltweit robuste Konjunktur. Doch der nächste Abschwung dürfte hart ausfallen.
Der Geldpolitik läuft die Zeit davon. Der wirtschaftliche Aufschwung in den Industrieländern strebt seinem Höhepunkt zu oder hat ihn sogar bereits überschritten. „Rückläufige Messgrößen der wirtschaftlichen Unterauslastung (deuten) darauf hin, dass die Expansion allmählich ihren Höhepunkt erreicht“, stellt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem gestern erschienenen Jahresbericht fest.
Und der Pulverturm der Notenbanken ist noch weitgehend leer. Im kommenden Abschwung sind ihnen damit die Hände als wirtschaftspolitischer Akteur weitgehend gebunden. Die Unterstützung der Konjunktur gehört längst mit zu ihren Aufgaben: „Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union“, heißt es im Statut der Zentralbank.
In Europa sind die Leitzinsen bei 0%, in Japan sogar darunter. Selbst in den USA, die die Zinswende zumindest eingeleitet haben, beträgt die Fed-Funds-Rate gerade mal 1,25%. Doch die Konjunktur dort hat den Zenit offenbar bereits überschritten. Das signalisieren die Konsumdaten ebenso wie die langfristigen Renditen. Diese sind seit dem Jahreswechsel schon wieder rückläufig, nachdem die Rendite der 10-jährigen Treasuries in der Spitze 2,6% betragen hatte. Die Hoffnung auf einen Sonderboom durch die erhofften Infrastruktur-Sonderprogramme Trumps hat sich zerschlagen.
James Bullard, Gouverneur der Federal Reserve Bank of St. Louis, warnt bereits, die Notenbank könnte mit ihrer Politik hinter der Kurve sein. Heißt: Die Zinsen werden zu spät angehoben. Dann dämpfen sie nicht mehr eine überschäumende Konjunktur und die damit verbundenen Preissteigerungsraten. Dann geben sie einer ohnehin schwächelnden Konjunktur den Rest. Darum plädiert Bullard dafür, dass die Fed vorerst keine weiteren Zinsschritte geht.
Zumal sich die amerikanischen Geldpolitiker mit zwei weiteren Sonderfaktoren auseinandersetzen müssen. Der Geldzufluss aus China stockt, seitdem der Staat dort den Kapitalexport mit aller Macht unterbindet. Zudem hat die Fed planmäßig damit begonnen, ihre auf fast 4,5 Bio. US-Dollar aufgeblähte Bilanz zu verkürzen, das heißt, sie ersetzt auslaufende Anleihen nicht mehr in vollem Umfang durch den Ankauf neuer Papiere.
Im Markt beginnt sich die Überzeugung durchzusetzen, dass die Fed bereits – nolens volens – den letzten Zinsschritt in diesem Zyklus getan hat. In früheren Zyklen hatte die Fed die Konjunktur jedes Mal mit Zinssenkungen von 5% unterstützt: so Anfang der 1990er Jahre, dann nach dem Platzen der Tech-Blase Anfang des Jahrtausends und direkt nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2008.
Diesmal hat die Fed nichts zuzulegen. Ebenso wie die EZB, deren Leitzins immer noch Null beträgt. Allerdings ist Europas Konjunktur im Zyklus noch nicht so weit wie die US-amerikanische.
Diesmal hat die Fed nichts zuzulegen. Ebenso wie die EZB, deren Leitzins immer noch Null beträgt. Allerdings ist Europas Konjunktur im Zyklus noch nicht so weit wie die US-amerikanische.
Fazit: Die USA könnten hart in der Rezession landen. Noch gibt es nur Zeichen für den beginnenden Abschwung. Aber es wäre eine Illusion zu glauben, die USA kämen daran vorbei. Wenn die Börsen das realisieren, wird es auch am Aktienmarkt zugig.