Griechenlands Misere bleibt
Die Debatte über einen griechischen Schuldenschnitt ist nur vordergründig. Es geht um Stundungen bei Rückzahlungen und Zinsen und eine Vertagung des Problems auf 2050.
Wieder verwirrt die Diskussion um einen Schuldenschnitt Griechenlands die Öffentlichkeit. Dabei ist sicher, dass es keinen „Haircut“ geben wird. Zwar fordert die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, auch öffentlich einen echten Schuldenschnitt, also einen offiziellen Gläubigerverzicht. Doch das ist nur Hintergrundmusik. Denn:
Lagarde spricht zwar für den IWF, die Entscheidungshoheit liegt jedoch bei den IWF-Gremien. Hier stehen erst im Sommer 2018 Beschlüsse auf der Tagesordnung. Und Lagarde kann keineswegs sicher sein, dass namentlich die USA von Donald Trump auch formal auf Geld verzichten werden. Für Deutschland gilt dies ohnehin.
Das BMF hat mehrere von EFSF und EMS erarbeitete Rechenmodelle zur Diskussion vorgelegt. Über deren Grundannahmen wird gerade gestritten. Lagarde beruft sich auf das Worst-Case-Szenario und fordert einen Schuldenschnitt. Wolfgang Schäuble und andere orientieren sich eher am Best-Case-Modell, das einen Schuldenschnitt vermeidet.
Die Rechenmodelle selbst sehen einen Schulden- oder Zinserlass gar nicht vor. Es geht stets „nur“ um eine Aussetzung der Schuldenrückzahlungen oder Stundungen der Zinszahlungen. Bei vollständiger Zinsstundung und einem Zinssatz von nur zwei Prozentpunkten über dem Eurodurchschnitt würden Griechenlands Schulden im Jahr 2048 schlagartig noch einmal um 118 bis 223 Mrd. Euro zunehmen. Bei 2% Zinsen p.a. wären es jedoch „nur“ 34 bis 38 Mrd. Euro.
Lagarde selbst hatte letzte Woche nur noch von „Schuldenerleichterungen“ gesprochen. Ob sie damit wie bisher einen Schuldenerlass oder eben Stundungen meint, ließ sie offen. Sie zielt unseres Erachtens auf eine Rückzahlung der IWF-Kredite von 13 Mrd. Euro im Jahre 2019. Dazu sollen bisher ungenutzte ESM-Mittel dienen. Und dann bliebe der IWF nur noch beratend, aber nicht mehr materiell im Boot. Diese Lösung würde die entscheidungsbefugten Mitgliedsländer zufrieden stellen.
Im besten Fall sind Griechenlands derzeitige Kredite 2068, im schlimmsten Fall 2080 getilgt. Und auch dann wird das Schuldenniveau aufgrund neu angehäufter Kredite nicht unter 130% des BIP liegen. Das wären etwa 300 Mrd. Euro wie schon heute (177% des BIP). Dazu kommen aber natürlich die gestundeten Zinsen.
Fazit: Die Freigabe der nächsten Tranche von 7 Mrd. Euro für Griechenland nächste Woche wird von dem öffentlichen Theater um den Schuldenschnitt nicht berührt.