Abes Pokerspiel
Premierminister Abes Kalkül, über vorgezogene Wahlen an der Macht zu bleiben, könnte aufgehen.
Japans Premierminister Shinzo Abe setzt auf Sieg und will sich mit der vorgezogenen Wahl Zeit für weitere Reformen kaufen. Mit einem gestärkten Mandat im Rücken will er die angestoßenen Strukturreformen in trockene Tücher bringen. Noch sind die Erfolge seiner Deregulierungspolitik kaum sichtbar, die Opfer allerdings schon. So wurden die Renten gesenkt und die Mehrwertsteuer erhöht. Konservative Japaner sehen zudem die geplante Erhöhung der Frauen- und Ausländererwerbsquote kritisch. Viele haben Angst vor dem Eintritt ausländischer Banken in den japanischen Finanzmarkt. Abes Taktik erinnert an den deutschen Kanzler Gerhard Schröder 2005. Der stand damals mit dem Rücken zur Wand und wagte mit Neuwahlen die Flucht nach vorn. Die Arbeitslosigkeit war auf dem Höhepunkt ebenso wie die Proteste gegen die Hartz-Reformen. Im Unterschied zu Schröder steht Abe aber mit viel besseren Karten da. Der Zeitpunkt für eine Wahl ist geschickt gewählt. Die Kritik an Abes Politik steigt. Die erste Anhebung der Mehrwertsteuer von 5 auf 8% stürzte die Wirtschaft in eine technische Rezession. Die tief gespaltene Opposition konnte daraus aber bislang noch keinen Vorteil ziehen. Der schnelle Wahltermin Mitte Dezember lässt ihr keine Zeit zur Vorbereitung. Aktuell verfügen Abes LDP und sein Koalitionspartner Komeito über 68% der Stimmen. Die Zustimmung hat in den Umfragen bisher nur leicht nachgelassen. Ein klarer Wahlsieg soll Abe vier weitere Jahre ruhigen Regierens sichern. Die Wahl macht Premier Abe zu einer Abstimmung über sein Reformprogramm. Dabei agiert er geschickt: Die bereits angekündigte zweite Mehrwertsteueranhebung von 8 auf 10% will er um 18 Monate auf April 2017 verschieben. Die erste schmerzte die Konsumenten sehr. Verliert er die Wahl, würde die von allen Parteien beschlossene MwSt.-Erhöhung schon 2015 kommen. Abe kann Fortschritte seiner Reformpolitik vorweisen. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken und liegt aktuell bei 3,6% – eine Traumquote für eine Industrienation. Die Löhne steigen wieder moderat. Die Rendite im Pensionsfonds GPIF – auf die Japaner viel Wert legen – verbesserte sich, dank Investitionen in japanische und internationale Aktienmärkte.
Fazit: Abes politischer Poker dürfte aufgehen. Nach der Wiederwahl stehen Japan vier weitere Jahre Abenomics bevor.