Am Ende bleibt heiße Luft
Regierungen zittern, das Volk wirft (in Island) mit Bananen. Und das alles wegen einer Recherche, die bisher nicht mehr bietet als heiße Luft.
Wir schreiben Tag acht nach der ersten medialen Aufwallung zu den panama papers – und warten noch immer auf eine echte Nachricht. Bislang ist nur ein strafbarer Tatbestand ans Licht gekommen: das Abschöpfen der vertraulichen, internen Daten einer Anwaltskanzlei. Bisher wurde keinem im Kreuzfeuer der Berichterstattung geratenen Promi etwas Unrechtes nachgewiesen – nur vermeintlich Unmoralisches: sein Vermögen zu verstecken. Erstes halbwegs prominentes Opfer dieses neuen Jakobinertums ist Islands Regierungschef David Gunnlaugsson. Sein „Vergehen“: Seine Frau hat Anteile an einer Briefkastenfirma „offshore“ – außerhalb des landeseigenen Steuersprengels. Was dies zu einer Nachricht klassischen Stils machen würde, wäre der Nachweis hinterzogener Steuern mithilfe dieser Gesellschaft. Doch der fehlt bisher. Und Gunnlaugsson beteuert, nichts Unrechtes getan zu haben. Ähnlich ergeht es dem britischen Premier David Cameron. Cui bono – was steckt hinter der gigantischen Medienkampagne? Sie ist eine konzertierte Aktion zwischen staatsnahen Medien (NDR und WDR) und einer deutschen überregionalen Zeitung, die offensichtlich viel Zeit in die Auswertung von ihr zugespielten Daten gesteckt hat. Das muss sich rechnen. Auch das BMF ist auf seine Weise an der Kampagne interessiert. Noch vor einem Monat hatte die CDU/CSU-Fraktion ihre Vorbehalte gegen ein Transparenzgesetz für Briefkastenfirmen deutlich gemacht. Der Widerstand dürfte sich nun erledigt haben. Doch die Sache hat noch eine weitere Dimensionen – die Staaten brauchen schlicht Geld. Morgen, wenn die Demografie zuschlägt, mehr noch als heute. Deshalb schließen sie eine Informationslücke bei der Totalüberwachung der internationalen Finanzströme nach der anderen: Kenne-Deinen-Kunden-Politik für Auktionshäuser und Juweliere, Verdachtsanzeigepflicht der Banken bei vermuteter Geldwäsche, länderübergreifender Automatischer Datenaustausch der Steuerbehörden und jüngst die Debatten um die Abschaffung des Bargelds. In internationalen Anwaltskreisen wird zugleich intensiv debattiert, das Anwaltsgeheimnis zu lockern. Wer einen Mandanten hat, der möglicherweise Geldwäsche betreibt, soll diesen anzeigen müssen. In Deutschland wird dies rigoros abgelehnt, in anderen Ländern nicht. Nicht zuletzt: Sollte der Euroraum auseinanderfallen, das Finanzsystem ins Trudeln geraten, will die Politik möglichst sämtliche Geldströme kontrollieren und im Zweifel auch dirigieren können.
Fazit: Bisher bietet panamapapers nicht mehr als mit viel Moral angereicherte heiße Luft. Auf dieser Basis wird dennoch ohne rechtsstaatliches Verfahren im übertragenen Sinne „geköpft“, um übergeordnete politische Ziele durchzusetzen. Robespierre lässt grüßen.