Die neue negative Rhetorik zur Eskalation eines gefährlichen West-Ost-Konfliktes ist übertrieben und spiegelt nicht die Realität wider. Zwar gibt es aktuell zahlreiche Spannungen zwischen dem „Westen“ (Europa, USA) und dem „Osten“ (Russland, China, Syrien, Iran). Allerdings zeigt gerade die Organisation des aktuellen G7-Gipfels, wie die Diplomatie arbeitet.
Auf dem G7-Gipfel dominieren konstruktive Gespräche zwischen beiden Blöcken. Zwar wollten sich ursprünglich die G8-Länder treffen. Allerdings wurde Russland aufgrund der Ukraine-Krise offiziell vom Treffen der großen Indsutrienationen ausgeladen. Das ist aber nur ein diplomatisches Zeichen nach außen.
Die diplomatische Arbeitsebene funktioniert. So wurde der G7-Gipfel praktisch zu einem G7+1-Treffen. Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Außenminister Sergei Lawrow treffen sich parallel zum Gipfel mit den einzelnen Amtskollegen in Frankreich. Putin spricht mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Briten-Premier David Cameron und besucht Frankreichs Präsident François Hollande. Lawrow trifft sich mit US-Außenminister John Kerry. Dabei sind weitere Annäherungen zu beobachten.
Russland sendet zahlreiche Entspannungssignale. So hat Putin die Forderung der ostukrainischen Separatisten, eine Flugkontrollzone über der Ostukraine einzuführen, abgelehnt. Darüber hinaus wurde ein Resolutionsprojekt in den UN-Sicherheitsrat eingebracht. Dieses behandelt zwar nur die humanitären Aspekte des Konfliktes, aber auf eine konstruktive Weise. Außerdem trifft sich Putin mit dem neugewählten Präsidenten Petro Poroschenko und der russische Botschafter kommt zu dessen Amtseinführung. Das bedeutet de facto Anerkennung Poroschenkos und ermöglicht eine Zusammenarbeit.
Neben der Suche nach einer Lösung für die Ukraine stehen auch andere politisch heikle Punkte auf der Agenda der G7+1. So laufen die Atomgespräche (Iran) und auch die Verhandlungen über Syrien weiter. Eine Eskalation ist in beiden Punkten ebenfalls nicht in Sicht. Über den Umgang mit dem Assoziierungsabkommen mit Moldau verhandelt der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einem trilateralen Dialog. Ohnehin sei die gegenseitige Abhängigkeit vieler Länder voneinander inzwischen zu groß, um jegliche Beziehungen stillzulegen, meint Gareth Evans, Ex-Außenminister Australiens und aktiver Diplomat in vielen Verhandlungen.
Fazit: Die geopolitische Großwetterlage ist aufgrund der Konfliktherde zwar nicht heiter. Keiner der Beteiligten hat aber ein Interesse an einer gefährlichen Eskalation der Konflikte. So wird auf diplomatisch leisen Sohlen an Lösungen gearbeitet. Die Statements einzelner Regierungen zielen dagegen auf die eigene Bevölkerung und ihre Erwartungen.