EU: Europa unter Druck
Donald Trump ist neuer US-Präsident. Als ersten Staatsgast empfängt er Theresa May. Für die Europäer ist das ein Fanal.
Nach Donald Trumps Amtsantritt als 45. Präsident der USA wird das Pfeifen im Europäischen Walde immer lauter. Denn Dreierlei hat der umstrittene Präsident bereits klargemacht: Er fackelt nicht lange. Er handelt nach der Devise: Amerika zuerst. Und er wird jeden unterstützen, der die EU verlassen will. Europa ist aus seiner Sicht ohnehin eine Art Wurmfortsatz der bundesdeutschen Industrie, Brüssel laufe am Gängelband Berlins. Dass er am kommenden Freitag mit Theresa May als ersten ausländischen Staatsgast eine Vertreterin der Europa-abtrünnigen Briten begrüßen wird, spricht Bände. Ein radikaler Bruch mit 65 Jahren amerikanischer Europa-Politik steht bevor. Jahre, in denen die USA erst den europäischen Wiederaufbau und dann Europas Zusammenschluss samt Ost-Erweiterung unterstützt haben – einigermaßen uneigennützig und auf Frieden und Handelszuwachs bedacht. Auch wenn eine neue internationale Größe sowie eine konkurrierende Währung entstanden – und der Wettbewerb zunahm. Für Trump zählt nur noch der Saldo der Handelsbilanz. Und wo Amerika ins Defizit gerät, da muss man handelstechnisch und politisch tätig werden: bremsen, Druck ausüben, notfalls Zerstörungsprozesse unterstützen. Europa trifft das in einer Situation der Selbstauflösung. Mit den Briten gehen der EU annähernd so viel BIP und Menschen verloren, als würden die 20 kleinsten Mitglieder den gemeinsamen Raum verlassen. Die Nordstaaten haben ihre Gestaltungskraft eingebüßt, der Süden nun eine Sperrminorität. Weitere Friktionen sind also zu erwarten. Die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation ist in den Südländern groß. Das eigene Regelwerk wird bei Verschuldung und Geldpolitik bis an die Grenzen des Erlaubten gedehnt. Manche meinen, diese seien längst überschritten. So gut wie jeder fühlt sich benachteiligt. Das alles befördert die innere Abkehr der Menschen vom gemeinsamen Wirtschaftsraum. National gesinnte Parteien bekommen wöchentlich Zulauf. Die außenpolitische Position Europas ist bereits massiv geschwächt. Allein die Überlegung Trumps, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben, bringt die Europäer in die Defensive. Das wird insbesondere die Ukraine zu spüren bekommen. Eine erneute Eskalation im Osten des Landes bis hin zur Annexion Moldawiens durch Russland wird zunehmend wahrscheinlich. Auch im Baltikum hat die Furcht, von Europa und der NATO im Stich gelassen zu werden, dramatisch zugenommen.
Fazit: Je kleiner die Handelspartner in aller Welt werden, desto handlicher werden sie für Amerika. Die EU kommt damit von innen und von außen unter Druck. Ihre Existenz ist keineswegs gesichert.