In rauer See
Russland steht nicht vor einem Bankrott. Warum das Land die Krise überstehen wird.
Russland ist von der Staatspleite noch weit entfernt und wird die aktuelle Krise überstehen. Wichtige Gründe für den dramatischen Einbruch des Rubelkurses und die schrumpfenden Staatseinnahmen werden sich in Zukunft abschwächen. Den Rubel-Absturz löste sogar nur ein Gerücht aus: Angeblich wollte der Ölkonzern Rosneft 625 Mrd. Rubel (8,6 Mrd. Euro) in US-Dollar tauschen. Die Panik zwang dann die Zentralbank zum großen Zinsschritt. Solche Kommunikationspannen will der Kreml künftig unterbinden. Die Mehrzahl der Analysten geht davon aus, dass der Ölpreis bis zum Sommer wieder auf 80 Dollar je Fass steigt. Die Märkte übertreiben derzeit nach unten. Wenn sich der Markt wieder dreht, steigen auch die russischen Staatseinnahmen. Mit der Erholung des Ölmarkts wird auch der Rubel wieder stärker. Sein Kurs folgt eng dem Ölpreis, denn zwei Drittel des russischen Exports bestehen aus Öl- und Gaslieferungen. Die Spekulation gegen den Rubel wird sich mit steigenden Ölnotierungen totlaufen. Der Großteil der Kapitalflucht hat bereits stattgefunden. Wladimir Putin unternahm bislang nichts, die Oligarchen daran zu hindern. Dass im großen Stil Vermögenswerte verkauft werden, dürfte schon an den derzeit miserablen Verkaufspreisen scheitern. Kapitalverkehrskontrollen sind das letzte Abschottungsmittel. Bislang wurden sie von Präsident und Zentralbank wiederholt strikt ausgeschlossen. Der Rubelkurs wurde Mitte November sogar völlig frei gegeben, um die Spekulation zu schwächen. Sollte Moskau Kapitalverkehrskontrollen einführen, droht der Index-Anbieter MSCI russische Aktien aus seinem Schwellenländer-Index zu streichen. Solche Schläge würden das Vertrauen in die russische Wirtschaft noch weiter erschüttern. Eine Devisenbewirtschaftung halten Analysten erst dann für akut, wenn das Land völlig ausblutet. Noch verfügt Moskau aber über Reserven von 419 Mrd. US-Dollar. Die Rating-Agenturen halten sich mit der Abstufung Russlands auf Schrottniveau zurück. Sie wollen solche Abstufungen nicht gleich wieder revidieren müssen, wenn sich der Ölpreis und damit auch die russische Wirtschaft bis zum Sommer erholen. Auch die EZB gibt Entwarnung: Die bei europäischen Banken ausstehenden 128 Mrd. Euro an Bankkredite seien nicht ausfallgefährdet. Putin kündigte zudem an, den Haushalt in 2015 um 10% zu kürzen. Sorgen bereitet der derzeitige hohe Leitzins von 17%. Er macht Investitionskredite für Unternehmen nahezu unbezahlbar. Zudem muss der Devisenbedarf der Großkonzerne gedeckt werden. Die Schulden der Unternehmen ziehen auch die Banken nach unten. Putin hat in seiner heutigen internationalen Pressekonferenz 1.000 Mrd. Rubel (13,7 Mrd. Euro) zur Unterstützung des Bankensektors versprochen.
Fazit: Die hohen Reserven und die Aussicht auf eine Erholung am Ölmarkt machen einen schnellen russischen Staatsbankrott unwahrscheinlich. Dass sich Russland auf rauer See befindet, wird sich aber auch künftig im Rubelkurs zeigen.