China stolpert – und alle Welt hofft jetzt auf Indien. Die Wirtschaft auf dem Subkontinent soll in diesem Jahr um 7,5% wachsen – etwas stärker als die chinesische. Ökonomen trauen den Indern in nächster Zeit mehr Wachstumsdynamik zu als der im Umbau befindlichen chinesischen Wirtschaft.
Doch die Hoffnungen bauen auf wenig Substanz. Der vor einem Jahr mit imponierenden Reformplänen angetretene indische Ministerpräsident Narendra Modi hat bisher keines seiner Großprojekte umsetzen können. Obwohl seine Partei BJP im Unterhaus die Mehrheit hat, ist die dringend nötige Landreform nach einem parlamentarischen und drei Dekret-Anläufen des MP gescheitert. Staat und Investoren brauchen für den Ausbau der dürftigen Infrastruktur sowie für den Bau von Fabriken und neuen Siedlungen dringend Land.
In Indien dauert es meist Jahre, mitunter Jahrzehnte, bis Bodenankäufe zustande kommen. Nicht zuletzt wegen der trägen und von Komplikationen lebenden indischen Bürokratie, die sich dabei Korruptionseinkünfte sichert. Und wegen der ebenso trägen Justiz. Bauern und Landarbeiter fürchten ihrerseits, nach Landessitte bei den Bodenkäufen übers Ohr gehauen oder bei Enteignungen ungerecht entschädigt zu werden. Sie protestieren deswegen auf der Straße.
Investoren aus aller Welt sitzen damit auf dem Trockenen. Im Vertrauen auf Modis Pläne sollten 300 Mrd. Dollar Kapital ins Land fließen. Der Neubau der von Modi angekündigten 100 „Intelligenten Städte“ bleibt ein (staatliches) Fantasieprodukt. Im Parlament gescheitert ist auch die Einführung einer Mehrwertsteuer. Und an die geplante Arbeitsmarktreform ist angesichts der Widerstände im Unter- und in dem (von der Opposition beherrschten) Oberhaus schon gar nicht zu denken.
Fazit: Indien ist auf Trägheit abonniert und will das mehrheitlich nicht ändern. MP Modi, im Bundesstaat Gujarat mit Reformen erfolgreich, kann sich im Gesamtstaat nicht durchsetzen. Er gibt das Schlüsselprojekt – die Landreform – preis, um Landtagswahlen im Bundesstaat Bihar zu gewinnen. Deren Ergebnis ändert (vielleicht) die Mehrheitsverhältnisse im Oberhaus und festigt seine Macht. Die präsumtiven Investoren sprechen von einer derben Niederlage und Stillstand.