Kurswechsel in China
Nach dem 19. Parteitag der KP weht in China ein neuer, keineswegs frischer Wind. Staatschef Xi Jinping hat wirtschaftsideologisch den Rückwärtsgang eingelegt. Der liberale Kurs des Jiang Zemin – Generalsekretär und Staatspräsident von 1992 bis 2002 – ist erst mal perdu.
Zemins Amtszeit markierte den Umschwung hin zur chinesischen Privatwirtschaft. Er vollendete Deng Xiaopings Kurswechsel. Jiang Zemin öffnete China für ausländische Investoren mit den ungeheuren Erfolgen, die sich anschlossen. Die „Harmonische Gesellschaft" mit den „Drei Vertretungen" der Bürger in der Partei, nämlich Arbeiter, Bauern und erstmals auch Unternehmer wurde ausgerufen.
Fortschreitende privatisierung von staatlichen Unternehmen
Zemin hatte die „Sozialistische Marktwirtschaft" eingeleitet. Den schrittweisen Verkauf der (damals) 300.000 Unternehmen ganz oder teilweise in Staatsbesitz. Er hatte sich von der „Tonnenideologie" in Bergbau, Schwerindustrie und Chemie verabschiedet, der jegliche Rechenhaftigkeit fehlte. Hauptsache es gab hohe Produktionszahlen; sie wurden deshalb in AGs mit Bilanzzwang überführt. Zemin leitete die Gründung privater Banken ein.
Heute heißt es bei Xi: den Staatsbesitz (an Unternehmen) schützen. Zu Deutsch: kein weiterer Abbau der Staatswirtschaft. Er propagiert deutliche Distanz zu Marktwirtschaft und jeglichem Liberalismus. Dafür forciert er den Nationalismus, besteht auf den Inselbesetzungen im Südchinesischen Meer oder der Einverleibung Taiwans.
Xi bricht mit Traditionen
Jiangs reformerische Schanghai-Fraktion stellte beim jüngsten Parteikongress bestenfalls noch eine Minderheit dar. Jiang ist heute 91. Er wurde unlängst in der Presse als eine jener ungenannten, „ehemals führenden Personen" angefeindet, die der heutigen Staatsführung so viele Schwierigkeiten machten (!). Und es war bisher Ehrensache aller Parteiführer, Deng Xiaopings Person und Erbe bei der großen Parteitags-Rede die Reverenz zu erweisen. Xi brach mit dieser Tradition. Er sprach nur noch - und eher abwertend - von der „Deng-Xiaoping-Ideologie".
Der Kurswechsel wird Folgen auch für die ausländischen Investoren im Land haben. Sie müssen mit einem gewaltigen Klimawandel rechnen – im Sinne eines abgewandelten „China first" und einer streng national verankerten Wirtschaft mit Anspruch auf Besitz und Führung in Unternehmen. Mit immer mehr sperrigen Staatsauflagen für Ausländer von der Sorte „15% Elektro-Autos als Mindestproduktionsquote". Mit mehr Bürokratie, mehr Hindernissen, mehr Gängeleien
Fazit: Rechnen Sie damit, dass der Kurswechsel bald und konsequent exekutiert wird. Dafür müssen Sie als in China tätiger Unternehmer eine Strategie erarbeiten.