Problemfall Shinzo Abe
Japans Regierungschef traut sich nicht an weitere Reformen und spielt dafür die nationalistische Karte.
Die Politik der „drei Pfeile“ des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe ist weitgehend gescheitert. Das gilt auch, wenn derzeit ein neues Konjunktur-Programm noch einmal kurzfristig für Belebung sorgen dürfte. Zum entscheidenden dritten Schritt, den Strukturreformen und Liberalisierungen, fehlt ihm trotz seines nummerisch großen Wahlsiegs die politische Kraft. Der Widerstand in seiner eigenen Partei ist zu groß. Stattdessen setzt seine Innenpolitik auf einen brachialen Nationalismus. Der macht längst nicht mehr vor plumper Geschichtsfälschung halt. Das machen wir an der konsequenten Leugnung japanischer Kriegsverbrechen wie etwa der Menschenversuche in Nordchina oder der Zwangsprostitution vor allem koreanischer, aber auch australischer Frauen fest, die der japanischen Armee in die Hände fielen. Diese Haltung bleibt Japans Partnern in Asien nicht verborgen. Sie sorgt schon seit längerem für wachsende Verstimmung und Spannungen. Mittlerweile sind davon auch die wirtschaftlichen Beziehungen beeinträchtigt – vor allem mit China und Südkorea, die besonders von den japanischen Gräueln betroffen waren. Eine aktuelle Umfrage in den drei Ländern zeigte eine bemerkenswerte Diskrepanz: Demnach überprüft etwa die Hälfte der chinesischen Unternehmen oder ihrer Partner in Japan wegen dieser politischen Spannungen bereits die Japan-Engagements. In Korea bekennen sich nur etwa 15% offen dazu – hier dürfte allerdings eine höhere Dunkelziffer vorliegen. Umgekehrt geben kaum 10% der japanischen Unternehmen zu, in China oder Korea mit solchen Vorbehalten konfrontiert zu sein. Offenbar nehmen die Unternehmen hüben und drüben das Problem sehr unterschiedlich wahr.
Fazit: Die von Abe angetriebene nationalistische Entwicklung Japans wird zunehmend zum Hindernis für die Kooperation in Asien. Das unterminiert Japans schwache Handelsposition weiter.