Israel wird zur Erdgas-Macht im Östlichen Mittelmeer
In diesem Monat ist Israel zu einer Erdgas-Macht im Östlichen Mittelmeer aufgestiegen. Jahrzehntelang hatten israelischen Regierungen immer wieder über den Mangel des Landes an natürlichen Energien geklagt. Jetz nimmt Tel-Aviv Erdgas-Lieferungen aus dem neuen Leviathan-Feld nahe der israelischen Mittelmeerküste nach Jordanien und Ägypten auf. Zwar hatte Jordanien schon bisher israelisches Gas bezogen. Dies aber nur in bescheidenen Mengen aus dem israelischen Tamar-Feld, das seit 2017 produziert. Hauptabnehmer des israelischen Erdgases ist Israel selbst.
Noch vor 20 Jahren hatte das östliche Mittelmeer als ausgesprochen “gasarm” gegolten. Israelische Explorationen führten dann aber zuerst zur Entdeckung des Tamar- und später des Leviathan-Feldes. Die Erkundungen von BP im ägyptischen Teil des östlichen Mittelmeers ergaben dort zunächst keine großen Gasmengen. Das änderte sich allerdings als die italienische ENI-Gruppe die Explorations- und Förderrechte von BP erwarb. ENI fördert inzwischen Gas, das nach Ägypten geliefert wird. Aber weder Ägypten noch die ENI sind offenbar in der Lage, dieses Gasvorkommen international auszuspielen. Im nordöstlichen Mittelmeer explorieren seit mehreren Jahren Zypern und die Türkei. Dabei gibt es immer wieder lebhaften - teils von Kriegsschiffen begleiteten - Streit über den genauen Verlauf der Seegrenze zwischen beiden Ländern. Das verschärft sich dadurch, weil die Insel Zypern zwei Staaten beherbergt, von denen der eine ausschließlich von der Türkei außenpolitisch anerkannt ist.
Deutlicher Widerstand von Gerichten abgeschmettert
In Israel hatte sich die Nutzung des Leviathan-Feldes um mehrere Jahre verzögert. Der Grund waren (und sind) anhaltende schwere Auseinandersetzungen zwischen der Politik, den an Leviathan beteiligten israelischen Unternehmen und der amerikanischen Gruppe Nobel Energy. Es geht um die Gewinnbesteuerung und den Wunsch vieler Politiker, Leviathan in staatlicher israelischer Hand zu betreiben. Dazu aber fehlte es letztlich an Fachleuten und auch an Kapital. Folglich kommt schließlich doch eine Partnerschaft mit den Amerikanern zustande; sie werden zumindest von einem Teil der israelischen Politiker ohnehin als "Schutzmacht” des Landes angesehen.
Die einheimischen israelischen Gegner dieser Regelung beschritten den Rechtsweg. Sie versuchten, das Projekt zu Fall zu bringen, indem sie immer wieder auf die besonderen Risiken und Gefahren des Gastransports hinwiesen. Noch während der letzten Wochen der Vorbereitung der Gaslieferungen - im Dezember 2019 - schlossen sich mehrere israelische Kommunen diesen Protesten an. Sie verlangten die umgehend Stilllegung von Leviathan zum Schutz der Küstenbewohner vor der Vergiftung und anderen Gesundheitsschäden. Von Seiten der Gerichte wurden diese Vorstöße aber allesamt abgeschmettert. Leviathan konnte im Dezember endgültig in Betrieb gehen.
Pipeline nach Europa geplant
Inzwischen geht es um die Nutzung der riesigen Gasmengen über die Lieferungen nach Israel, Jordanien und Ägypten hinaus. Israel hat bereits einen Rahmenvertrag mit Zypern und Griechenland abgeschlossen. Außer der Versorgung dieser beiden Länder mit Gas will das Land eine 2.000 Kilometer lange Pipeline nach Italien zur Vermarktung des Leviathan-Gases in die EU bauen. Die beteiligten Staaten gehen davon aus, das Leviathan vier Prozent des gesamten europäischen Gasbedarfs decken kann und damit zu einem Konkurrenten der russischen Gaslieferungen würde. Damit aber wüchse Israels politisch-wirtschaftliche Position sowie die Chance, Gas auch mit Tankern an Dritte zu verkaufen, vor allem über den schnell an Bedeutung gewinnenden internationalen Sportmarkt für Erdgas. Und für die israelische Staatskasse wird Leviathan schon bald zu einer erheblichen Einnahmequelle werden.