Ohne echte Regierung im Aufschwung
Die Niederlande haben zwar seit Mitte März nur eine amtierende Regierung – aber die Wirtschaft läuft gut. Daraus lassen sich Erkenntnisse ableiten.
Die Wirtschaft in den Niederlanden läuft rund – auch ohne neue Regierung. Seit der Wahl Mitte März amtiert die alte Regierung weiter – eine Situation, die nun vielleicht auch Deutschland bevorsteht. Mit einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,5% nach 2% in diesem Jahr übertrifft das Königreich den Nachbarn und Konkurrenten Deutschland.
Die öffentlichen Finanzen entwickeln sich positiv. In diesem Jahr wird das Defizit leicht unter 60% vom BIP sinken. Damit werden die Niederlande das Maastricht-Kriterium erstmals in diesem Jahrzehnt erfüllen. Im nächsten Jahr soll der Schuldenstand auf 54% sinken.
Im privaten Immobiliensektor baut sich allerdings wie schon 2009/10 eine Blase auf. Dank der stark steigenden Kaufkraft, der niedrigen Zinsen und der langen Zinsbindungsfristen werden die negativen Auswirkungen auf sich warten lassen. Die Folgen drohen erst Mitte des nächsten Jahrzehnts.
Es rumpelt zudem bei der Regierungsbildung. Ministerpräsident Mark Rutte von der rechtsliberalen VVD hat nur die christdemokratische CDA und die linksliberale D66 als Koalitionspartner. Er benötigt noch eine vierte Partei für die Parlamentsmehrheit. Die provisorisch noch mitregierenden Sozialdemokraten der PvdA wollen nach ihrem Wahldesaster nicht mehr mitmachen. Die Grünen haben sich verweigert. Alle Hoffnungen richten sich nun auf die kalvinistische Christenunion.
Noch haben die künftigen Koalitionäre Zeit. Erst in 14 Tagen ist die Rekordvakanz von 1977 (208 Tage) überschritten. Ende November muss die Regierung stehen, um einen Haushalt für 2018 zu zimmern. Die Finanzierung diverser Geschenke ans Wahlvolk ist unkomplizierter als das Austarieren zwischen den künftigen Partnern, wessen Klientel was an Zuwendungen erhält.
Fazit: Wie schon einmal in Belgien oder kürzlich in Spanien funktionieren Wirtschaft und Verwaltung auch mit Lame-Duck-Regierungen – zumindest für einen gewissen Zeitraum.