Türkei eint Süd-Schiene
Das politische Tohuwabohu in der Türkei eint die europäische Südschiene. Die regionalen Bündnisse in der EU formieren sich zunehmend. Das erleichtert unterm Strich das Finden von Mehrheiten.
Das politische Tohuwabohu in der Türkei eint die europäische Südschiene. Im Kern fördert das Bosporus-Land damit eine engere Kooperation der sieben südlichen Mitgliedsländern der EU. Dies verstärkt die Katalysatorwirkung des Brexits. Die Auswirkungen wurden beim dritten Treffen der Gruppe binnen eines halben Jahres in Madrid (nach Athen und Lissabon) deutlich. So ist eine strikte Absage an die EU-Austeritätspolitik, wie sie vermeintlich Deutschland vorgibt, vom Tisch. Die Federführung des Südens hat Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy übernommen. Er kann noch mehr als die anderen Länder auf zunehmendes Wirtschaftswachstum verweisen – und ist nach langer Regierungskrise wieder handlungsfähig. Insbesondere der Tourismus profitiert von der Politik Erdogans, der Gäste aus der Türkei vergrault. Spanien, Italien, Portugal oder Griechenland registrieren dagegen Rekordzahlen. Deshalb müssen die Südländer – außer Athen – aktuell auch nicht so viel sparen wie befürchtet. Der Politikmix beruht auf Reformen am Arbeitsmarkt, in der Bürokratie und bei den Sozialkosten. Die Erfolge sind sichtbar – die sieben Länder mit Ausnahme Frankreichs (!) – erfüllen inzwischen fast alle Maastricht-Defizitvorgaben. Die niedrigen Zinsen tragen ihr Übriges dazu bei. Der Süden folgt damit dem Vorbild der Mittelosteuropäer (FB vom 14. Juli 2016). Deren Zusammenarbeit hakt im Augenblick allerdings wegen der besonderen Probleme Polens (Causa Tusk) und Ungarns (Orbans Anti-Brüsselkurs). Ein eigener Klub wollen die sieben Südländer aber nicht sein. Das gilt auch für die Weiterentwicklung der Europäischen Union. Abgelehnt wird eine Europa der zwei Geschwindigkeiten, wenn das ein Abhängen des Südens von den gemeinsamen Fortschritten bedeuten sollte – was natürlich vor allem die Fördertöpfe meint.
Fazit: Die regionalen Bündnisse in der EU formieren sich zunehmend. Das erleichtert unterm Strich das Finden von Mehrheiten. Berlin muss allerdings aufpassen, hier immer auf der Höhe der Diskussionsstände zu sein.