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HypoVereinsbank, Stiftungsmanagement 2021, Qualifikation

Wesentliches fehlt

Wie schlägt sich die HypoVereinsbank im Markttest Stiftung der Prüfinstanz? Copyright: Verlag Fuchsbriefe
Die HypoVereinsbank präsentiert auf dem ersten Blick der Deutschen Kinderhospiz Stiftung einen sehr soliden Anlagevorschlag. Auch der engagierte Berater stimmt positiv. Doch am Ende bleiben wesentliche Anforderungen unbeantwortet.

Die HypoVereinsbank ist eine der „Großen“ im diesjährigen Markttest der FUCHS|RICHTER Prüfinstanz. Die fünftgrößte deutsche Bank hat ihren Sitz in München und zahlreiche Niederlassungen über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Ob die Deutsche Kinderhospizstiftung bald Teil der Familie wird? Wir beginnen gespannt mit der Lektüre des Hypo-Angebots.

Zur Erinnerung: Die Deutsche Kinderhospiz Stiftung mit Sitz in Olpe ist auf der Suche nach einem neuen Vermögensmanager für zwei Mio. Euro Stiftungsvermögen. Werterhaltend und nachhaltig soll das Geld angelegt werden. Zudem steht die aktuelle Anlagerichtlinie auf dem Prüfstand. Ist sie noch zeitgemäß? Die Finanzprofis sind gefragt! Ferner will die Stiftung natürlich ein detailliertes Angebot sprich: Angaben zu Kosten, Ausschüttungen und erwartete Rendite, einen Detailblick in die vorgeschlagene Vermögensverwaltung, Infos über nachhaltige Geldanlagen und auch gern Angaben dazu, wie die Bank die kleine Stiftung jenseits der Vermögensverwaltung als Partner behilflich sein kann. Eine lange Liste an Kundenwünschen, doch für die Profis von der HypoVereinsbank ein Klacks, oder?

Zu viel, zu unstrukturiert

Zuerst fällt beim Angebot der HypoVereinsbank die schiere Masse der eingereichten Unterlagen auf. Durch insgesamt neun verschiedene Dokumente müssen sich die potenziellen Neukunden durcharbeiten. Das nächste Mal bitte strukturierter! Zudem hätte man auf einige der Verkaufsunterlagen an der Stelle verzichten können – diese sind, wenn überhaupt, erst im Nachgang von Interesse. Auch Datenschutzhinweise sind besser im Anhang einer Präsentation aufgehoben und nicht als Extra-Dokument. Aber gut, das sind Formalien; was steht im Herzstück, dem Anlagevorschlag?

Der Anlagevorschlag umfasst 47 Seiten. Die erste Hälfte besteht aus der Selbstvorstellung des Hauses und Informationen zur Vermögensverwaltung und dem Investmentprozess. Die zweite Hälfte erläutert dann dezidiert das Angebot für die Stiftung. Gut war übrigens, dass die HypoVereinsbank vor der Erstellung des Anlagevorschlags bei der Stiftung im kleinen Olpe angerufen hat, um die Kundenwünsche besser zu verstehen, gerade im Hinblick auf die Anlagerichtlinie. Dann sollte nun eigentlich einem guten und individuellen Vorschlag nichts im Wege stehen …

Volle Individualität wird versprochen

Es ist ein Angebot für Leseratten. Die 47 Seiten des Anlagevorschlags sind eng beschrieben. Die Stiftung erfährt, dass sie ab einem Anlagevolumen von 1 Mio. Euro die volle Individualität erhalten würde – wie gut, dass sie sogar 2 Mio. Euro im Gepäck hat. Unter Individualität versteht die HypoVereinsbank die Festlegung der Aktienquote durch den Kunden, eine nachhaltige Vermögensverwaltung sowie „weitere individuelle Vorgaben“. Was die Stiftung sich darunter vorstellen kann, erfährt sie nicht.

Die Vermögensverwaltung fällt ihre Investmententscheidungen in zwei Schritten. Zuerst erfolgt eine "Top-Down-Analyse". Welche Anlageklassen versprechen Rendite? In welchen Regionen, Branchen und Währungen glaubt man Chancen wahrnehmen zu können? Nachdem das Investment-Team das herausgefunden hat, schaut es sich in einem "Bottom-Up-Ansatz" an, welche Titel zur Umsetzung geeignet sind und investiert.

Nachhaltig mit Abstrichen

Zudem gibt es die Möglichkeit zur nachhaltigen Vermögensverwaltung – ebenfalls Wunsch der Stiftung aus Olpe. Hierbei bedient sich die HypoVereinsbank der Daten des Instituts ISS ESG. Kontroverse Geschäftsfelder würden in der nachhaltigen Vermögensverwaltung ausgeschlossen. Das nachhaltige Universum von ISS ESG fließt in den Auswahlprozess mit ein.

Das ist soweit ein marktübliches Vorgehen bei nachhaltigen Geldanlagen. Etwas verwirrt ist die Deutsche Kinderhospizstiftung allerdings als sie liest, dass ergänzend 10% des Anlagevermögens jederzeit in nicht-nachhaltige Finanzprodukte gesteckt werden können. Begründet wird das mit der effizienteren Steuerung des Portfolios. Warum die Steuerung nicht auch nachhaltig-effizient sein kann, wird nicht weiter erklärt.

Ausschüttungen sind nicht erwünscht ... oh doch!

Als die HypoVereinsbank schließlich auf das Anforderungsprofil der Stiftung zu sprechen kommt, nimmt die Verwirrung zu. Laut den Hypo-Angaben in einem Begleitschreiben, befindet sich die Stiftung in der selbstgewählten Risikoklasse 5 (von 6) – sie sei also risikofreudig unterwegs und "bereit, auch sehr hohe Risiken einzugehen". Begründet wird das mit dem Ansinnen der Stiftung, die Anlagerichtlinien diskutieren und gebenenfalls anpassen zu wollen. Dabei sei auch eine Ausweitung der risikobasierten Anlageklassen denkbar. Das stößt bei den potenziellen Neukunden zunächst auf Unwohlsein. So würden sie sich selbst eigentlich nicht einstufen.

Ebenso irritiert ist die Stiftung als sie liest, dass sie angeblich keine Ausschüttungen wünscht, sondern diese reinvestiert werden könnten. Dabei heißt es in der Ausschreibung ausdrücklich: "Das Stiftungskapital und die daraus resultierenden Erträge, Zustiftungen, Nachlässe und Spenden sollen die Kinder- und Jugendhospizarbeit, vor allem die Tätigkeit des Deutschen Kinderhospizverein e.V., Olpe, nachhaltig absichern." Die Hypo hatte im Vorfeld erfragt, ob die Erträge zur Deckung laufender Verpflichtungen benötigt würden. Da das nicht der Fall ist, meint sie wohl, dass die Stiftung keine Ausschüttungen wünscht. Da hat sie die falsche Ableitung getroffen. Zumal es in der Ausschreibung wörtlich heißt: "Wir bitten Sie höflichst um ein konkretes Angebot, aus dem insbesondere hervorgeht: - Vorschlag über die Anlage der o. g. € 2 Mio.;- Renditeerwartung / zu erwartende Ausschüttungen für den Stiftungszweck".

Munteres Springen durch die Risikoklassen

Als es zur Empfehlung der HypoVereinsbank kommt, folgt die nächste Irritation. Nun ordnet die Hypo die Stiftung auf Seite 21 des Vorschlags in Risikoklasse 4 (von 5) ein. Wieso waren sie im Anschreiben aber noch in der fünf (von 6)? Eine Seite später aber heißt es dann unter "Unsere Empfehlung: Risikoklasse 2". "Die Sicherheit der Anlage tritt gegenüber Ertragserwartungen aus Kursgewinnen etwas zurück; dementsprechend werden moderate Kursrisiken in Kauf genommen." Das verstehe, wer will …

Der Anlagevorschlag entspricht dann auch Risikoklasse 2.  Die Anlage soll vergleichsweise defensiv erfolgen. 29,3% des Vermögens sollen in Aktien fließen, 48,8% in Anleihen, 6,5% in alternative Anlagen (Gold) und 15,37% in Liquidität. Eine so hohe Cashreserve ist ungewöhnlich. Warum soll dieses Geld nicht investiert werden? Auch die beigefügte Markteinschätzung inklusive Ableitungen für die Assets schweigt sich darüber aus.

Gut gemixtes Portfolio

Der größte Teil des Vermögens, 53,6%, soll in Europa erfolgen, gefolgt von Nordamerika (30%). Die restlichen 16,4% entfallen auf die Asien-Pazifik-Region. Knapp 60% der Anlagen sollen in Euro getätigt werden, 30% in US-Dollar. Die Aktien-Komponente ist hinsichtlich der Branchen breit gemischt. Die größte Position entfällt auf Titel im Gesundheitssektor (12,5%), gefolgt von Technologie (11,3%) und Industrie (10,4%). Die Anleihenseite wird etwa zur Hälfte aus Staats- und zu anderen Hälfte aus Unternehmensanleihen bedient.

Interessant ist auch, dass die meisten Investments in Einzeltitel erfolgen. Lediglich 14% der Investitionen erfolgen in Fondsprodukte. Das ermöglicht einen recht genauen Blick auf die konkreten Unternehmen im Portfolio. Dabei fallen unter nachhaltigen Gesichtspunkten einige Titel negativ auf: Vonovia, Coca-Cola, L’Oreal oder etwa Blackrock sorgen allesamt immer wieder für negative Schlagzeilen. Hierüber wird zu reden sein.

Angaben zur Renditeerwartung fehlen

0,59% veranschlagt die HypoVereinsbank auf der Kostenseite. Der Anleihen-Baustein wird mit einer Rendite von -0,16% bis zur Endfälligkeit der Anleihen ausgewiesen. Da wäre es ja besser, einfach ein Festgeldkonto zu eröffnen, denkt sich der Leser. Zu den Aktien sucht der potenzielle Neukunde solche Angaben vergeblich. Auch wenn er sich der Mühe unterzieht,  die ganzen Zusatz-Dokumente durchzusehen, kann er partout keine Angaben dazu entdecken. Keine Auskunft gibt es auch über die zu erwartenden ordentlichen Erträge, die zur Ausschüttung kommen können – aber gut, laut Hypo braucht die Stiftung ja eh keine …

Was darüber hinaus fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der Anlagerichtlinie. Schade, hat der Berater doch sich im Vorfeld sogar telefonisch danach erkundigt. Auch über Zusatzdienstleistungen findet sich in den Unterlagen keine Angabe. Auch das ist schade, denn der Berater kündigte ebenfalls im Vorfeld an, dass die Hypo womöglich einige interessante Dinge anbieten könnte.

Services im Rahmen der Stiftungseinrichtung
Unterstützung
• bei der Auswahl des Stiftungszweckes
• bei der Konzeption einer Stiftungslösung
• bei der Ausarbeitung einer Stiftungssatzung
• Anerkennungsverfahren bei Behörden
Services im Rahmen der Stiftungsbetreuung
Unterstützung
• der Koordinierung von Bankverbindungen
• bei Strategiegesprächen
• Unterstützung bei Fundraising
Services im Rahmen der Stiftungsverwaltung
Unterstützung bei
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Mitarbeit in Stiftungsgremien
• Nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch im Rahmen von Compliance-Richtlinien
• Keine Gremienmitgliedschaft des Kundesnbetreuers
Unterstützung der Geschäftsführung der Stiftung
• Nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch
Angebot von Treuhandstiftungen
• Ja, in Kooperation mit der Stiftung Stifter für Stifter in München.
Weitere Services für Stiftungen
• Fachvorträge
Seit wann verfügt Ihr Haus über Stiftungskompetenz?
1998
Wie viele fremde Stiftungen betreuen Sie?
2000 mit einem Stiftungsvermögen von 6,3 Milliarden Euro.
Haben Sie eine eigene Stiftung?
Ja, Hypo Kulturstiftung
Mit welchen Stiftungsaufsichtsbehörden hatten Sie bereits zu tun und kennen deren ggf. spezifische Anforderungen?
Je nach Bedarf mit zuständigen Aufsichtsbehörden
In welchen Niederlassungen haben Sie Ansprechpartner mit Stiftungskompetenz?
N/A

Fazit: Entscheidend ist, was hinten rauskommt, wusste schon Helmut Kohl. Diese ganz wesentlichen Informationen bleiben im Dokumenten-Wust der Hypo allerdings komplett verborgen. Hat der Berater sie vergessen? Oder irgendwo in eine kleine Ecke gepackt? Der Kunde kann so mit diesem sonst vergleichsweise soliden Anlagevorschlag nur wenig anfangen.

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