Die Co-Bank guckt über den eigenen Bauchladen nicht hinaus
Die zweitgrößte Universalbank Deutschlands hat in den letzten Jahren nicht gerade durch positive Schlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht. Im Gegenteil wird die 1870 in Hamburg gegründete Großbank zuletzt in erster Linie mit Filialschließungen und einem entsprechenden Stellenabbau in Verbindung gebracht. Zwar kündigt CEO Manfred Knof an, im Rahmen der „Strategie 2024“ werde die Bank nachhaltig profitabel werden. Doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein: Für das Jahr 2020 hat das Bankhaus ein negatives Konzernergebnis von minus 2,9 Mrd. Euro zu verantworten. Und die noch anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen sind zunächst mit weiteren hohen Kosten verbunden. Das wirkt trotz der Größe und der dem hiesigen Steuerzahler bekannten Systemrelevanz der Bank für den auf Sicherheit und Solidität bedachten Kunden nicht gerade vertrauenerweckend.
Abgetaucht im weiten Feld
Im Rahmen unserer Testreihe hat die Commerzbank im letzten Jahr einen bescheidenen mittleren Platz im weiten Feld belegt. In der Ewigen Bestenliste taucht das Finanzinstitut unter den Top 30 gar nicht erst auf. Immerhin: Bei der Commerzbank darf man sich bereits ab 100.000 Euro als Private Banking Kunde betrachten. Und ab 500.000 Euro Anlagesumme erfährt der Kunde das Privileg, vom Private Wealth Management bedient zu werden. Dies trifft auch für unseren Interessenten zu. Doch kommen wir zunächst darauf zu sprechen, was ihn bei seiner Geldanlage bewegt:
Der Kunde und seine Anforderungen
- Alter: 35 Jahre
- Anlagevolumen: 3,5 Mio. EUR
- Anlagezeitraum: langfristig
- Laufende Einkünfte: mehr als ausreichend
- Renditeerwartung: > 5 % nach Kosten, vor Steuern und Inflation
- Zentraler Beratungsaspekt: Verunsicherung angesichts der weltweiten Schuldensituation und den Folgen von Corona
- Kundenwunsch: Altersvorsorge, sicherer Vermögensschutz
Schwächen der Beratung
Leider überwiegen bei dem Beratungsgespräch eindeutig die Schwächen. Grundsätzlich widmen die beiden Berater der Selbstdarstellung außerordentlich viel Raum. Im Mittelpunkt stehen die eigene Bank, ihre Produkte und Dienstleistungen. Der Kunde fungiert als Stichwortgeber, um darzulegen, was man ihm alles anbieten könne. Tatsächlich verwenden die Berater sehr viel Zeit darauf, das Produktportfolio der Bank sowie die einzelnen Vermögensverwaltungsvarianten vorzustellen (auf ETF-, Fonds- oder Einzeltitelbasis, nachhaltig oder konventionell). Sie versäumen es dabei, den Kunden abzuholen. Zwischendurch betonen sie, später mit dem Kunden „in die Tiefe“ zu gehen. Aber warum nicht gleich zielführende, in die Tiefe gehende Fragen stellen?
Schlecht abgestimmtes Berater"team"
Als das schlecht aufeinander abgestimmte Beraterduo sich schließlich dem Kunden zuwendet, steht nicht dieser im Mittelpunkt, sondern der Gesetzgeber mit all seinen erklärungsbedürftigen Auflagen an die Kundenberatung. Mehrfach heißt es, eine Anlageberatung sei noch nicht möglich. Rein rechtlich könne man im ersten Gespräch über eine Vorstellung der Vermögensverwaltung nicht hinausgehen. Bloß seltsam, dass es anderen Bankhäusern unter gleichen regulatorischen Rahmenbedingungen gelingt, den Kunden von Anfang an mit seinen Anliegen zu erfassen und ihm eine auf ihn zugeschnittene Vermögensverwaltung vorzustellen.
Die Wünsche des Kunden nicht im Mittelpunkt
A propos Kundenanliegen: Auf die Verlustängste des Kunden und sein Bedürfnis nach Sicherheit, um gegen mögliche Wirtschaftskrisen Börsencrashs gewappnet zu sein, gehen die Berater gar nicht ein. Und als die Finanzprofis schließlich dazu übergehen, den Interessenten mit seinen äußeren Daten „im System anzulegen“, entsteht auch keine wirkliche Kundennähe.
Zwar stellen die Berater dem Kunden viele Fragen. Doch diese bauen nicht aufeinander auf. Sie dienen in erster Linie, um immer wieder den „Bauchladen“ der Großbank ins Spiel bringen zu können – vom einfachen Girokonto über Altersvorsorgeprodukte bis hin zur Kreditvergabe. Zentrale Fragen zum Kundenanliegen werden jedoch nicht gestellt. Schließlich schaffen es die Berater nicht, den Kunden mit seinen Wünschen zum Reden zu bringen. Kein Wunder, dass dieser sich im Nachhinein an kein einziges Highlight erinnern kann!
Standardware auch im Nachhinein
Letztlich verwenden die Berater zwei Stunden Zeit, ohne am Ende zu wissen, auf was es dem Kunden bei seiner Geldanlage wirklich ankommt. So endet das Beratungsgespräch erstaunlich ergebnislos. Am Ende ist weder das Risikoprofil des Kunden geklärt, noch weiß dieser, was „der ganze Spaß“ kosten soll.
Auch wenn man den Beratern in positiver Hinsicht ein gewisses Engagement bescheinigen darf, so bleibt doch der unangenehme Eindruck, dass es ihnen vornehmlich darum geht, ihre Standardware „an den Mann zu bringen“. Die Fragen, die sie an den Kunden adressieren, sind produkt-, nicht aber kundenorientiert.
Produktkatalog statt Anlagekonzept
Entsprechend standardisiert fällt auch das aus, was den Kunden im nachhinein per Mail erreicht: ein Produktkatalog, ein „Live-Mandat“ sowie der „Kundenkompass“. Der Produktkatalog listet nochmal ausführlich auf, was die Commerzbank dem vermögenden Kunden alles bieten kann. Das Live-Mandat stellt eine Art Musterdepot dar.
Wenn das Live-Mandat eine Orientierung darstellen sollte, so ist sie – zumindest von der Leistungsbilanz – für ein dynamisches Depot mit einem Aktienanteil von über 50 Prozent nicht überzeugend: 13,4 Prozent Wertentwicklung in knapp fünf Jahren (von Juni 2016 bis Februar 2021). Die im Musterdepot aufgeführten Kosten liegen bei nicht gerade günstigen 1,1 Prozent (exkl. MwSt.). Der sog. Kundenkompass indes erfasst den Kunden nur anhand einiger äußerer Zahlen (wie Alter und Vermögenssumme). Das eigentliche Anliegen geht daraus nicht hervor.
Stärken der Beratung
Sehr wohlwollend könnte man den beiden Beratern der Commerzbank in Stuttgart attestieren, dass sie den Kunden ganzheitlich beraten haben. Schließlich haben sie ihm das umfangreiche Produktportfolio und so ziemlich sämtliche Dienstleistungen des eigenen Instituts sehr engagiert und recht erschöpfend vorgestellt. Dass dies jedoch nicht unbedingt im Sinne des Kunden ist, darauf kamen wir unter „Schwächen“ bereits zu sprechen.
Positiv ist auf jeden Fall anzumerken, dass die Berater auf das Thema „Nachhaltigkeit“ eingehen. Angesichts der Anlagesumme bieten sie eine nachhaltige Vermögensverwaltung auf Einzeltitelbasis an. Sie kritisieren in dem Zusammenhang auf ETFs basierende Vermögensverwaltungen, die in puncto Nachhaltigkeit nicht die erforderliche Transparenz abbilden können. Dem widersprechen wir nicht.
2021 (TOPs 2021)
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Beratungsgespräch | Big is beautiful? | im Shop |
2020 (TOPs 2020) | Vermögensstrategie | Exklusivität versprochen, Massenware geliefert | im Shop |
2019 (TOPs 2020) | Qualifikation | Rundum gut beraten | im Shop |
2018 (TOPs 2019) | Qualifikation | Lange Rede kurzer Sinn | im Shop |
2017 (TOPs 2018) | Qualifikation | Commerzbank: „Da passen Sie am besten rein" | im Shop |
2016 (TOPs 2017) | Qualifikation | Aller Ehren werte Beratung | im Shop |
2016 (TOPs 2017) | Qualifikation | Commerzbank - PWM: Von wegen exklusiv | im Shop |
2021 | Qualifikation | Zu viele offene Fragen | im Shop |
2020 | Qualifikation | Viel Information, wenig Individualität | im Shop |
2018 | Qualifikation | Die Dinobank im Test | im Shop |
2016 | Qualifikation | Commerzbank sticht nur beim Preis positiv heraus | im Shop |
2017 | Compliance | Commerzbank: Compliance-Transparenz klein geschrieben | im Shop |
Kontakt
Commerzbank Aktiengesellschaft – Private WealthmanagementZusatzinfos
- Institutsgruppe: Großbank
- Dienstleistungen für Private Banking/Wealth Management-Kunden:
- (ganzheitliche) Vermögensberatung
- diskretionäre Vermögens-/wertpapierverwaltung (Depotmanagement) mit eigener Strategie
- Anlageberatung (für Kunden, die selbst über ihr Portfolio entscheiden wollen)
- Stiftungsmanagement/Stiftungsservices
- Family Office
- Nachfolgeplanung
- Alleinstellungsmerkmal (USP) am Markt? "Wir bieten maßgeschneiderte Beratungsleistung und Lösungen für das Vermögen unserer Kunden – es ist konsequent an den Bedürfnissen unserer Kunden ausgerichtet, um so die individuellen Ansprüche und Erwartungen zu erfüllen."
- Verwaltete Kundengelder (assets under management) per 31.12.20: 86,9 Mrd. EUR
- Nettoneugeld 2020: k.A.
- Teilnahme am FUCHS-Performance Projekt: ja (passiv, Performance Projekt 5, vermögensverwaltende Fonds)
Fazit: Der potentielle Private Wealthmanagement-Kunde der Commerzbank erfährt eine umfangreiche „Beratung“. Im Mittelpunkt dieser Beratung steht jedoch nicht er selbst, sondern das Produktportfolio des eigenen Hauses. Sobald es etwas in die Tiefe gehen und individuell werden könnte, tragen die Banker die strengen und beratungshemmenden Regularien des Gesetzgebers vor. Bis zu einer individuellen Beratung scheint es ein weiter und erschöpfender Weg bei der Commerzbank zu sein.
Empfehlung: Für die Endrunde nicht qualifiziert.