Ein nicht ganz "herkömmliches" Beratungsgespräch
"Gut für Berlin. Seit 1818" heißt es auf der Homepage der Berliner Sparkasse (ohne die historisch neugierig stimmende Behauptung allerdings näher zu beleuchten). Das in der Hauptstadt verwurzelte Finanzinstitut setzt die Messlatte hoch an: "Wir bieten mehr als herkömmliche Beratung". Mal sehen, was unter diesem Leitspruch zu verstehen ist und was im Beratungsgespräch erwartet werden darf. Im telefonischen Erstkontakt ist vom hohen Anspruch noch nicht so viel zu spüren. Immerhin erfährt der Kunde aber, dass ihm ab 750.000 Euro im Rahmen einer Vermögensverwaltung mit einem zusätzlichem Nachhaltigkeitsfilter geholfen werden kann.
Ein nicht "herkömmliches" Beratungsgespräch
Nicht "herkömmlich" verläuft das Beratungsgespräch dann in der Tat. Dafür allerdings ist zunächst einmal Corona verantwortlich. Der Gesprächsrahmen eines Vor-Ort-Gesprächs fällt weg. Stattdessen erfährt der Kunde eine telefonische Beratung. Und diese verläuft zunächst einmal auch nicht so, wie es sich der Berater vorgestellt hat.
Die zentralen Anliegen des Kunden:
Anlagevolumen: 1,0 Mio. Euro
Anlagehorizont: langfristig
Nachhaltigkeitsfokus: unspezifisch
Dieser nämlich sieht eine gemeinsame Telefonkonferenz mit dem Kunden und zusätzlich dem verantwortlichen Portfoliomanager vor. Zu dieser Dreier-Konferenz kommt es jedoch nicht, da der Kunde beim Hinzuschalten des Portfoliomanagers jedes Mal aus der Leitung fliegt. Nach 4-5 vergeblichen Versuchen gibt man sich schließlich geschlagen und lässt die Telefonate separat stattfinden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Kunde sich teilweise zwei Mal erklären muss – gegenüber dem Relationsship- und gegenüber dem Portfoliomanger. Nicht gerade üblich bzw. "herkömmlich"!
Zur Nachhaltigkeit gibt's viel zu berichten...
Die Gesprächsatmosphäre selbst ist "angenehm und locker". Allerdings zeigen sich die beiden Banker aus Kundensicht nur "durchschnittlich engagiert". Geht es dem Kundenberater im Telefonat darum, den Kunden in spe mit seinen spezifischen Bedürfnissen, seinen Erwartungen, seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu erfassen, so fokussiert sich der Portfoliomanager in seinem Kundengespräch auf das Thema "Nachhaltigkeit". Dies erläutert er in aller Ausführlichkeit (schließlich umfasst der Kriterienkatalog 300 Punkte zum Thema Nachhaltigkeit) und macht zugleich von Anfang an klar, dass die Berliner Sparkasse in puncto Nachhaltigkeit zumindest in der Hauptstadt Marktführer sei.
...nicht jedoch zu den konkreten Kosten und Anlagen
Man bediene sich hierfür eines renommierten Sekundärresearch in Form des IMUG-Ratings. Dieses bietet auf der Grundlage einer eigenen ESG-Datenbank ein weltweites Nachhaltigkeitsresearch zu Aktien und Anleihen. Anhand des Beispiels Ausschlusskriteriums "Todesstrafe" erklärt der Portfoliomanager zudem recht ausführlich, dass es unter Nachhaltigkeitsaspekten zwar möglich sei, in amerikanische Unternehmen zu investieren, allerdings komme eine amerikanische Staatsanleihe als Investment nicht in Frage.
Nachbetreuung "von der Stange"
So ausführlich und anschaulich man sich dem Thema Nachhaltigkeit widmet, so allgemein gehalten werden die Themen "Anlagevorschlag" und "Kosten". Nachdem die Risikobereitschaft des Kunden (4 von 5), seine Nachhaltigkeitsvorstellungen sowie die anzulegende Summe bereits bekannt sind, werden die Berliner Berater dennoch nicht konkret. Anstelle eines individuellen Anlagevorschlags habe der Kunde zunächst nur eine Broschüre mit einer Musteranlage zu erwarten. Und auch die Nachfrage zu den Kosten ergibt nichts Konkretes: Zwischen 0,75 und 1,75 % p.a. – abhängig von der Aktienquote und dem Depotvolumen.
Und tatsächlich gibt es im Nachhinein nur Unterlagen "von der Stange": eine Musterpräsentation, eine Infobroschüre zum Nachhaltigkeitskonzept und einen Marktbericht zur Coronakrise. Wie hieß es noch auf der Homepage? "Wir bieten mehr als herkömmliche Beratung." Und weiter: "So individuell wie Sie und Ihr Vermögen sind Ihre Wünsche und Ziele." Letzteres ist sicherlich – ganz generell und immer – zutreffend, verlangt jedoch auch eine entsprechende und auf den Kunden in spe zugeschnittene Nacharbeit. Da diese ausbleibt, kann sich der Kunde nicht wirklich für die Berliner Sparkasse erwärmen. Und dies, obwohl ihn die Nachhaltigkeitskompetenz des Portfoliomanagers zu überzeugen vermochte.
Preis-Leistungsverhältnis
Kosten
1,5 % p.a. (+ MwSt.) – individuelle Konditionen ab 1 Mio. € (abhängig von Aktienquote und Depotvolumen)
Mindestanlagesumme
Private Banking: 500.000 €
- Fondsvermögensverwaltung: 125.000 €
- Einzeltiteldepot: Anleihen 250.000 € und Aktien 500.000€
Dienstleistungsportfolio
Vermögensberatung und -verwaltung
- Family Office
- Stiftungen
Nachhaltigkeitsexpertise
IMUG-Research
- Mitarbeiterschulungen
- Erstellung eines jährlichen Nachhaltigkeitsberichts
Anschrift:
Berliner Sparkasse, Niederlassung der Landesbank Berlin AG, Alexanderplatz 2 10178 Berlin, Deutschland
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FAZIT: Die Berliner Sparkasse zeigt unter ungewöhnlichen Umständen, dass sie etwas von Nachhaltigkeit versteht und auch telefonisch eine angenehme und lockere Gesprächsatmosphäre herstellen kann. Leider jedoch versäumt sie es, dem Beratungsgespräch eine auf den Kunden zugeschnittene Nacharbeit folgen zu lassen. Stattdessen bekommt er im Nachhinein nur Infos "von der Stange" geliefert.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz. erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter / QF und Ralf Vielhaber / Verlag Fuchsbriefe.