Rothschild & Co: Zunächst schwer zugänglich
Die Unternehmensgeschichte der Rothschild Bank beginnt im Jahr 1838 unter dem etwas sperrigen Namen „Compagnie du chemin de fer de Paris à Orléans (P.O.). Einnahmen erwirtschaftete die französische Aktiengesellschaft über das Betreiben einer Eisenbahn auf der Strecke der genannten Städte. So viel zur erfolgreichen Gründungsgeschichte, die bis zum Jahr 2015 Bestandteil des Firmennamens bleibt. Von da an nämlich firmiert das global aufgestellte Finanzinstitut unter dem Namen Rothschild & Co.
Von den drei Geschäftsfeldern „Global Advisory“, „Merchant Banking“ und „Wealth and Asset Management“ interessiert uns der dritte Geschäftszweig, nämlich die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Anleger. In dieser Disziplin hat die Bank allerdings (noch) nicht nachhaltig überzeugen können: In der Ewigen Bestenliste taucht das Haus mit französischen Wurzeln nicht unter den Top 50 auf. Am Performance-Projekt beteiligt sich die Bank nicht. Immerhin hat Rothschild in diesem Jahr einen Großteil der Fragen im Transparenz-Fragebogen beantwortet.
Kühle Architektur anstelle menschlicher Lebewesen
Auf der Website von Rothschild & Co findet sich kühle, emotionslose Architektur bzw. moderne, nackte Glasfassaden. Es dauert einige Zeit bis man beim Klicken und Scrollen auf menschliche Lebewesen stößt. Auf der englischsprachigen Website findet sich unter dem Menüpunkt „Corporate Responsibility“ auch das Themenfeld „Our people“. Dies ist – wohlgemerkt – mit den Themen „Diversity and inclusion“ sowie „Gender equality“ politisch korrekt aufgezogen, überzeugt den Kunden aber trotzdem nicht, da er in der gesamten Geschäftsleitung nur eine einzige Frau ausmachen kann. Insofern kostet es schon einige Überwindung bei dieser „unsympathischen“ und wenig informativen Website trotzdem das Gespräch mit der Bank zu suchen. Doch immerhin hat der Kunde ja ein paar Themen, die ihm unter den Nägeln brennen:
Kundenanliegen
- Anlagesumme: 3,5 Mio. aus Immobilienverkauf
- Vermögensschutz: was sind die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie? Was bedeuten die hohen Staatsverschuldungen, die künftige Pleiten von Unternehmen und kleinen Geschäften sowie der mögliche Inflationsanstieg für die Anlagestrategie?
- Renditeziel: Der Anlagehorizont beträgt mindestens fünf Jahre. Am Ende soll eine schwarze Null (nach Steuern, Kosten und Inflation) stehen.
- Nachhaltigkeitspräferenzen: Ein besonderer Fokus gilt dem Thema Klimaschutz. Das Depot sollte unter Berücksichtigung sämtlicher Investments max. 2 Grad Temperaturanstieg bewirken.
Kundenverbindung Fehlanzeige
Ohne Zweifel fällt es dem Zürcher Team von Rothschild & Co schwer, eine Verbindung zum Kunden aufzubauen. Dies beginnt mit dem ersten Telefonat, wo der Interessent nicht „sonderlich charmant bzw. erfreut“ darauf hingewiesen wird, dass man ihn gerade nicht weiterverbinden könne. Zwar notiert man sich den Namen des Kunden und stellt einen Rückruf in Aussicht. Doch der Kunde hält zunächst einmal fest: „Das war bisher der unangenehmste Erstkontakt mit einer Bank.“
Was den in Deutschland ansässigen Kunden außerdem stört: Es ist ihm aufgrund seines Domizils (Deutschland) nicht möglich, online einen Termin mit der Schweizer Niederlassung zu buchen. Und als nach erfolgtem Rückruf schließlich ein Termin für ein Beratungsgespräch vereinbart wird, so muss dieses telefonisch stattfinden (und dies, obwohl sich Videokonferenzen inzwischen beim Private Banking durchgesetzt haben, wenn eine Vor-Ort-Beratung nicht möglich ist). Auch wenn der Kunde das Gespräch im Nachhinein als durchaus strukturiert bewertet, so mangelt es diesem insgesamt an Emotionen. Eine persönliche Ebene zum Kunden stellen die Berater nicht her, sondern bleiben im Verlaufe der Beratung ausgesprochen sachorientiert.
Nachhaltigkeit ist nachbesserungswürdig
Im Fokus der Beratung steht der Kundenwunsch nach einer nachhaltigen und zugleich sicheren Geldanlage. Dabei widmen sich die Berater der Nachhaltigkeit mehr und dem Vermögensschutz weniger. Im Bereich „Nachhaltigkeit“ ist das Angebot der Bank noch dünn, trotzdem versucht man auf die Bedürfnisse des Kunden einzugehen, hat jedoch offenbar nicht mit einem so gut informierten Kunden gerechnet. Diesen stört, dass der Berater sich skeptisch gegenüber bestimmten Modellen für die Ermittlung des durch Unternehmen verursachten Temperaturanstiegs äußert, ohne die Modelle genau zu kennen. Sodann zeigt sich, dass die Bank wesentlich laxere Ausschlusskriterien anwendet als es dem Kunden recht ist. So enthält das ESG Portfolio auch Unternehmen die Waffengeschäfte betreiben und die bis zu 20 % ihrer Umsätze mit fossiler Energie erwirtschaften.
Darüber hinaus gibt es keine Aussagen zum ökologischen Fußabdruck des Portfolios und zu dem durch die Unternehmen bewirkten durchschnittlichen Temperaturanstieg. Immerhin zeigt man sich ehrlich und gibt zu, erst 2020 begonnen zu haben, ein nachhaltiges Angebot zu schaffen und auch die UN Nachhaltigkeitsziele zu unterzeichnen. Außerdem reagieren die Berater flexibel, als der Kunde den Wunsch äußert, einzelne Titel im Portfolio auszutauschen, da sie nicht seinen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.
Positive Konsumstimmung ist wichtiger als Verschuldungssituation
Was sein Bedürfnis nach „Vermögensschutz“ betrifft, so fühlt sich der Kunde kaum abgeholt. Die Geldmengenausweitung und die damit einhergehende Verschuldung sieht die Bank unter dem Aspekt der Konsumstimmung als positiv an. Inflationäre Tendenzen sehe man durchaus bei Rothschild, allerdings seien Aktien in diesem Umfeld immer noch alternativlos. Es komme darauf an, sich auf nicht zyklische Branchen zu fokussieren sowie auf Unternehmen mit einem möglichst konjunkturunabhängigen Cash-Flow.
Aufgrund des geringen Rentenanteils könne das Depot mit einer gewissen Inflation gut leben. Im übrigen federe man das Timing-Risiko ab, indem der Depotaufbau tranchenweise erfolge und sich über ein ganzes Jahr erstrecke. Damit reagieren die Berater zwar an einigen Stellen auf das Kundenbedürfnis nach Sicherheit. Insgesamt ist dem Kunden das aber zu wenig.
Wenig engagierte Nachbetreuung
Zu wenig ist dem Kunden auch, was ihm mit dem Anlagevorschlag geboten wird. Zwar wird ihm ein Anlagevorschlag zur Vorbereitung schon vor dem Erstgespräch per Post zugestellt. Im Fokus dieses Vorschlags steht die (bisher einzige) nachhaltige Vermögensverwaltung der Bank. Als durchaus positiv vermerkt der Kunde, dass immerhin die Hälfte in Einzeltitel investiert ist. Allerdings fehlen die dazugehörigen ESG-Ratings. Und auf jeden Fall hätte das Depot aus Kundensicht nochmal wesentlich strenger nachjustiert werden müssen, um den Nachhaltigkeitsvorstellungen des Kunden gerecht zu werden.
Dies jedoch versäumt man bei Rothschild, indem der Kunde nach dem Erstgespräch kein Gesprächsprotokoll erhält, in welchem man auf die strittigen Punkte hätte eingehen können, um dem Kunden dann einen nachjustierten Anlagevorschlag zukommen zu lassen. So mangelt es in der Nachbetreuung schließlich am Engagement der Berater. Übrigens geht für den Kunden aus dem ursprünglichen Anlagevorschlag auch nicht hervor, was das Ganze kosten soll.
Infos:
Kontakt
Rothschild & Co Bank AG
Zollikerstrasse 181, 8034 Zürich, Schweiz
www.rothschildandco.com
Zusatzinfos
- Institutsgruppe: Privatbank
- Dienstleistungen: Vermögensberatung und -verwaltung, Stiftungsmanagement, Cross-Border-Vermögensberatung, Family Office
- Alleinstellungsmerkmal (USP) am Markt? „Unabhängige Beratung ohne Interessenskonflikte. Keine eigene Produkte.“
- Verwaltete Kundengelder (assets under management): 14,8 Mrd. Euro (31.12.2020)
- Nettoneugeld 2020: 800 Mio. Euro
- Teilnahme am FUCHS-Performance Projekt: nein
Fazit: Rothschild & Co bemüht sich, auf die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden einzugehen, muss dabei aber schnell die eigenen Grenzen erkennen. Zum Bedürfnis des Kunden nach Vermögensschutz äußert sich die Bank auch. Allerdings reichen die Antworten dazu bei weitem nicht aus, um den Kunden von der Bank zu überzeugen.
Empfehlung: Mit dieser Leistung ist Rothschild & Co gewisse kein Kandidat für den Beauty Contest, die Endauswahlrunde.