Viele Vorschläge, wenig Kundenbetreuung
Der äußere Eindruck passt. Großzügige, weiträumige Büroanlage, sehr elegante Einrichtung, das alles inmitten der Frankfurter City. Das 1994 gegründete, unabhängige Unternehmen Acatis scheint auf eine solide Vergangenheit in der Vermögensverwaltung zurückzublicken.
Dass dieser Erfolg nicht von Ungefähr kommt, erfahren wir bereits beim ersten Telefongespräch. Zwar ist eine Terminvereinbarung innerhalb einer angemessenen Frist im ersten Anlauf nicht möglich. Das Telefonat verläuft jedoch angemessen. Der Berater zeigt nicht nur Interesse an unserer Anlagehöhe, er kann unseren Wunschtermin für ein Gespräch vor Ort bestätigen und erklärt uns die Lage des Hauses. Das Gespräch wird aufgezeichnet, erfahren wir beiläufig. Jedoch resultiert daraus kein Gesprächsprotokoll, das uns zugeleitet wird. Bedauerlich! Immerhin erhalten wir umgehend eine Email mit der Terminbestätigung. Ein kurzes Vorgespräch, das uns weitgehend zufrieden stellt. ACATIS wurde 1994 in Frankfurt/M gegründet.
Höflich und persönlich
Der gute Eindruck setzt sich im ersten persönlichen Kontakt fort. Der Vermögensverwalter Acatis besteht aus einem kleinen Team, das sich ausschließlich auf die Vermögensanlage konzentriert. Servicefunktionen werden auf externe Partner übertragen.
Eine freundliche Sekretärin begrüßt uns mit dem Namen. Das zeugt davon, dass wir keine Nummer, sondern bereits ein Private Banking-Kunde sind. Wie der höfliche Empfang im Flur gehören Mantelabnahme und Getränkeangebot hier zum guten Ton.
Der Berater führt uns durch die elegante Anlage in sein Büro: ein mittelgroßer, heller Raum mit schwarzem Schreibtisch über Eck. An einer Wandseite hängt unübersehbar eine große, weiße Tafel mit Fondsformeln – ein subtiles Signal für Sachverstand. Der Berater stellte sein Telefon sofort ab, es kann losgehen.
Ausschließlich hauseigene Value-Fonds
Er stellte sich und seine Partnerin – das Ehepaar Leber – vor und erklärt uns das Unternehmenskonzept von Acatis. So verfolgt die Firma den „Value Ansatz" und orientiert sich an Warren Buffet's Maxime „Price is what you pay, value is what you get". Damit würde Acatis seit über 20 Jahren gut fahren, heißt es.
Die Firma verwalte zurzeit ca. 4,8 Milliarden in Fonds für institutionelle Anleger und Privatpersonen. Der Value-Ansatz werde aufgrund der Warren-Buffet-Strategie und der nach dem Nobelpreisträger Harry Markowitz benannten Portfolio-Optimierung konsequent und erfolgreich umgesetzt.
Konkret heißt das: Acatis investiert ausschließlich in die mehr als 20 hauseigenen Fonds, welche langfristig eine deutliche Outperformance erreichen. Diese Fonds werden von einem hauseigenen Fondsmanagement entwickelt und betreut und decken ein breites Spektrum an deutschen Mischfonds, Nachhaltigkeitsfonds bis zu Unternehmen ab, die sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen. Fremdfonds, Einzelaktien oder Gold werden bewusst von Investitionen ausgeschlossen.
Einige dieser hauseigenen Fonds sind mit Volumina von weniger als 10 Mio. Euro recht klein. Cash wird so gut wie nie gehalten, Acatis ist stets voll investiert. Der Berater gibt noch zu Bedenken, dass Anleger häufig den falschen Eindruck hätten, das in ihrem Depot nichts passiere. Dennoch würde aktiv in den einzelnen Fonds gearbeitet, versichert man uns.
Der Kunde als Rennfahrer
Wie aber steht es bei Acatis mit der individualisierten Betreuung? Der Berater hinterfragt die Lebenssituation, unsere Erfahrung mit Aktien und unsere Risikobereitschaft. Unsere Antworten werden durch ein hauseigenes Computerprogramm ausgewertet und den entsprechenden Fonds zugeordnet. Heraus kommt: Asset Allocation Variante P5.
Mit zehn Acatis-Fonds und einem hohen Anteil in Aktien zeugt diese Variante von unserer höheren Risikobereitschaft. Diese verleitet den Berater dann auch dazu, uns Geschmack auf jenen Fonds zu machen, welche vom Haus liebevoll als „Ferrari ohne Stoßdämpfer" bezeichnet werden. Dieser hauseigene Fonds enthält Kryptowährungen, aufgelegt als eine Art Goldersatz. Der Gesamtfonds hätte so 2017 satte 334% Gewinn erreicht. Bei solch einer Beschleunigung wären uns Stoßdämpfer vielleicht doch lieb.
Um zu sehen, ob wir wirklich das Zeug zum Rennfahrer haben, ist dem Berater weniger unser beruflicher Hintergrund wichtig. Viel relevanter sei, dass man nicht von der Anlagesumme leben müsse und dass sie nicht für andere Zwecke verwendet werden soll. Vor diesem Hintergrund berät er und geht die vorbereiteten Unterlagen Schritt für Schritt mit uns durch.
Undurchsichtige Gebührenstruktur
Dabei fällt uns auf, dass die Gebühren schwer verständlich aufgeschlüsselt sind. Insgesamt kommen demnach nicht mal 1% zum Ansatz. Was Acatis verdient, wird aus den Fonds herausgezogen. Ausgabeaufschläge auf Acatis-Fonds gibt es nicht. Bei der V-Bank, die der Berater als Depotbank empfiehlt, fallen 35 Euro je Transaktion an sowie zusätzlich 0,015% Gebühr p. a. und die USt. Hier würden wir uns mehr Transparenz wünschen, was uns die Betreuung durch Acatis denn am Ende wirklich gesamthaft kostet.
Nach einem mehr als zweistündigen Gespräch verlassen wir den Raum mit einem interessanten Musterportfolio als Anlagevorschlag (P5 - Asset Allocation, P5- Top Holdings) und einem guten Gefühl. Das Gespräch, so resümieren wir, fand in sehr angenehmer Atmosphäre und auf Augenhöhe statt. Wir wurden zu keiner Zeit belehrt, sondern ausführlich informiert und lernten eine weitere Variante der Vermögensverwaltung kennen.
Bezüglich des Kundenkontakts hält sich das Haus dezent zurück und meldet sich allenfalls einmal pro Jahr. Dies Verhalten resultiere aufgrund der Kundenwünsche. Das leuchtet nicht ganz ein, denn jeder Kunde ist anders. Jedoch zeigt es Parallelen zu unserem größten Kritikpunk auf.
Die Zurückhaltung des Hauses fühlt sich an, wie camoufliertes Desinteresse bzw. Vermeidung „unnötiger" Arbeit. So übermittelt Acatis kein Gesprächsprotokoll oder sonstigen Nachweis davon, dass der Berater unsere Anlagewünsche, Prioritäten und unsere spezifische Situation vollständig verstanden hat und darauf basierend entsprechend handeln kann. Zwar würde bereits beim Gespräch angekündigt, dass Acatis nichts mehr schickt und dass wir uns selber melden mögen. Dennoch ist das im heutigen Marktvergleich zu wenig in puncto Kundenbetreuung.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter | IQF und Ralf Vielhaber | Verlag FUCHSBRIEFE.
2018 (TOPS 2019) | Qualifikation | Viele Vorschläge, wenig Kundenbetreuung | im Shop |
WISSENSWERTES
ACATIS Investment bietet neben den klassischen Value-Fonds sogenannte Smart-Beta Produkte unter dem Namen Modulor an. Diese Strategieindizes kombinieren Value Anomalien mit quantitativen Erkenntnissen und widmen sich der Risikobetrachtung. So könnte man in drei Bereichen (Selektion, Allokation, Konstruktion) deutliche Vorteile erzielen.
Künstliche Intelligenz (KI) auf dem Beifahrersitz
Nebst einer Zweigstelle in der Schweiz betreibt ACATIS zudem noch die IT Tochter ACATIS Research GmbH in Bochum. Diese beeinflusst mit Analysemodulen die Aktienentscheidungen des Unternehmens und forscht zudem im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), um diese für das Portfoliomanagement nutzbar zu machen. So verwendet ACATIS seit 2016 sogenannte Deep Learning Modelle, welche man sich als technologisches Pendant zum erfahren Analysten vorstellen kann.
Man füttert diese Modelle mit einem möglichst großen Datensatz, welcher dann analysiert wird, um verschiedene Bilanzmuster und Merkmale zu identifizieren. So könnten Aktien besser eingeordnet, und nach verschiedenen Kriterien, wie zum Beispiel der kurz, mittel oder langfristigen Outperformance, gefiltert werden. Damit könne ACATIS ihre Portfolios optimieren und künftige "Gewinneraktien" besser vorhersagen.
Adresse der Bankniederlassung / Webseite
Acatis Investment GmbH, Taunusanlage 18; 60325 Frankfurt, Deutschland
Telefon: +49 - 69 - 97 58 37 77; Fax: 069-97 58 37 -99;
Email: anfragen@acatis.de;
Web: www.acatis.de
MEHR INFORMATIONEN ZU TOPS 2019
Vermögende wollen gut beraten werden. Ebenso wichtig ist aber, dass das anvertraute Kapital solide verwaltet und vermehrt wird. Der Markt der Vermögensverwaltung ist intransparent. Getreu unserem Motto „Wir machen Qualität transparent" verfolgt das Performanceprojekt der Private Banking Prüfinstanz genau dieses Ziel.
Acatis nimmt bisher noch nicht am FUCHS PERFORMANCE PROJEKT von Dr. Jörg Richter und Verlag FUCHSBRIEFE teil.
Acatis gibt keine Auskunft darüber, ob das Haus innerhalb der vergangenen 3 Jahre mit Private-Banking-Kunden in Rechtsstreitigkeiten oder Verfahren verwickelt war.
Ebenso gibt Acatis keine Selbstauskunft und füllt nicht unseren Transparenzfragebogen aus. Die Vertrauensampel steht daher auf rot.
Sie haben Anmerkungen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie unsere Redaktion jetzt über redaktion@fuchsbriefe.de – wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
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Fazit
Uns gefällt das unkonventionelle Herangehen an eine moderne Vermögensverwaltung und der mitgegebene Anlagevorschlag scheint dem Laien interessant und gut. Andererseits fehlt es Acatis an Transparenz bezüglich der Aufschlüsselung der Vermögensverwaltungsgebühren. Die Nachbetreuung ist nicht einmal rudimentär. Gerade wenn man einen Ferrari vorschlägt, sollte man mehr liefern las den Verweis auf einen hauseigenen Fonds, der zuletzt exorbitant hohe Gewinne gemacht hat. Der Bezug zum Kunden als Persönlichkeit mit eigenen Zielsetzungen gerät etwas aus dem Blick. Auch liefert Acatis auf Anfrage der Redaktion keinerlei Hintergrundinformationen. Das ist in der Summe gesehen etwas zu wenig, um sich für die weitere Bewertung zu empfehlen.
HINWEIS: Die erreichte Gesamtpunktezahl sowie den Vergleich mit rund 100 weiteren Anbietern lesen Sie im November in „TOPs 2019".