Schräge Vergleiche
In der Grafik (siehe unten) wird ein Portfolio (dicke Linie) mit dem Vergleichsindex 1 (mittlere Linie) gegenübergestellt. Die Erkenntnis für den schnellen Betrachter: Nach 12 Monaten hat der Vermögensverwalter es knapp geschafft, das Vergleichsportfolio zu treffen. Also ein am Ende zufriedenstellendes Ergebnis – obwohl die Performance eine ganze Zeit des Jahres unterhalb der Benchmark lag.
Vorsicht mit Schnellchecks
Anleger sind gut beraten, solche Schnellchecks mit Vorsicht zu betrachten. Denn – wen wundert´s – die Anbieter haben Interesse daran, im Vergleich möglichst gut auszusehen. Erst im Kleingedruckten liest der Anleger, dass die Vergleichslinie eine „Benchmark“ aus 60% REX und 40% MSCI World abbildet. Übersetzt: Das Vergleichsportfolio besteht zu 60% aus deutschen Anleihen mit mittlerer Laufzeit und zu 40% aus einem Korb weltweiter Aktien aus den Industrieländern. Aber: Die Vermögensverwaltung hat durchschnittlich 50% Aktien gehalten. Richtig wäre also, mit 50% Aktienquote zu vergleichen – die Grafik hätte dann aber eine "Underperformance" gezeigt.
Komplizierte Benchmarks
Häufig ist die Benchmark komplizierter. Beispiel: 30% JPM EMU Government 1-10 Bond, 10% JPM Euro Cash 1 Month, 35% STOXX Europe 50 Index, 15% MSCI USA. Der skeptische Betrachter bemerkt, dass im Vergleichsdepot 10% in Cash (JPM Euro Cash) gehalten werden. Das wird bekanntlich negativ verzinst. Die Bank muss eigentlich nur das Geld mittelfristig besser anlegen, um besser als der Index zu sein. Die geschickte Zusammensetzung des Vergleichsindex erhöht also die Chance, die eigene Leistung gut aussehen zu lassen.
Zudem wird im Beispiel der Schwerpunkt auf europäische Aktien gelegt (35% STOXX Europe 50). Dies kann ein Hinweis auf die grundsätzliche Vorliebe der Bank für europäische Aktien sein. Der Skeptiker kommt zu dem Schluss, dass die historisch besser laufenden Aktien aus den USA in der Benchmark bewusst untergewichtet werden, um die eigenen Chancen auf eine Outperformance zu erhöhen.
Faire Vergleiche sind möglich
Andere Vermögensverwalter greifen auf „Peergroups“ zurück. Das ist ein Bündel vergleichbarer Strategien anderer Anbieter. So z. B. der Roboadvisor Scalable: Für ein Mandat mit ca. 80% Aktien wird als Benchmark „Morningsstar® Fonds-Kategorie Aggressiv Allocation – Global“ gewählt. Ein solches Vorgehen hat für den Anbieter den Vorteil, dass er „nur“ besser als der Durchschnitt sein muss. Fair ist bei dieser Vorgehensweise, dass die Leistungen unter Vermögensverwaltern verglichen werden und nicht ein zusammengesetzter Index zur Referenz wird.
Einen eigenen Ansatz des Vergleichs fährt seit Jahren die FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ. In ihren Performanceprojekten (www.pruefinstanz.de) wählt sie ein Depot aus wenigen kostengünstigen ETFs, das der Anleger hätte selbst bauen können. Die Logik bei diesem Vergleich: Nur wenn ein Profi mindestens die gleiche Leistung bringt, ist er sein Geld wert. Nachdenklich stimmt, dass sehr viele Vermögensverwalter diesen Mehrwert nicht beweisen können.
Bewusste Anlegertäuschung
Eine ganz perfide Methode ist es, anstelle eines Performanceindex (häufig mit gross, TR oder net gekennzeichnet) einen Preisindex (price) zu wählen. Das bemerkt der Laie in der Regel nicht. Bei einem Preisindex (auch Kursindex genannt) fallen aber alle Dividendenerträge unter den Tisch. So geschehen im ersten Beispiel. Es wurde also nicht nur bei der Festlegung der Aktienquote getrickst. Wird richtig verglichen (50% Aktienquote, Performanceindex), kommt die obere Linie (Vergleichsindex 2) zu Stande.
Fazit: Die Aussagekraft der Benchmarks, mit denen Vermögensverwalter ihre Leistungen gesetzeskonform vergleichen sollen, sollten Anleger kritisch hinterfragen. Eine eindeutige Beurteilung der Leistung des Vermögensverwalters ist anhand der gewählten Benchmark i. d. R. nicht möglich.
Dr. Richter | Kompetenzzentrum Vermögen