Schwungvolle Sommer-Rallye
Die Sommer-Rallye an den weltweiten Aktienmärkten fährt noch eine Etappe weiter. Die Belastungsfaktoren, die die Märkte während der vergangenen Monate beschäftigt haben (hohe Inflation, Zinswende, Lieferengpässe, Rezessionsbefürchtungen) sind zwar nicht verschwunden, doch diese Themen haben kurzfristig ihren Schrecken verloren.
Seit dem Jahrestief vor genau einem Monat, ist der DAX um rund 10% gestiegen. Der Risikoappetit ist auch an die Wall Street zurückgekehrt. Doch ist dies überhaupt echter „Anlagehunger“ oder nicht vielmehr nur eine, wenngleich auch kräftige, technische Gegenbewegung im Bärenmarkt?
Kurzfristiger Aufwärtstrend im übergeordneten Abwärtstrend
Beim Blick auf die Indizes wird schnell klar: die laufenden Abwärtstrends sind noch intakt. Die drei wichtigsten US-Börsenindizes (Dow Jones Industrial Average, S&P 500 und Nasdaq 100) notieren weiterhin unterhalb ihrer 200-Tage-Linie, wenn sich auch der Abstand verringert. Die Börsenumsätze sind, wie eigentlich immer im Sommer, eher mau – d.h. es reichen auch schon kleinere Orders, um Kurse entsprechend zu bewegen.
Viele Marktteilnehmer haben während der letzten Wochen bereits der Börse den Rücken gekehrt oder sogar auf einen weiter fallenden Markt gesetzt. Die nun laufende Bärenmarkt-Rally dürfte sicherlich den einen oder anderen Margin-Call auslösen und so die Aufwärtsbewegung noch verstärken.
Noch sind die Zinsen vergleichsweise niedrig
Auf der anderen Seite dürfte sich nun auch der eine oder andere „echte“ Käufer aus der Reserve locken lassen und wieder in den Aktienmarkt einsteigen. Schließlich sind die Zinsen, trotz der Wende in der Geldpolitik weiterhin niedrig. Am Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen notiert bei rund 2,7% wieder deutlich unterhalb der 3%-Marke.
Auch der Ölpreis geht weiter zurück. Leichtes US-Öl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) handelt mit rund 90 US-Dollar je Fass inzwischen deutlich unter dem Jahreshoch von 130 US-Dollar. Dies nimmt zwar ein wenig den Druck vom „Inflationsthema“, weist allerdings auch deutlich auf rezessive Tendenzen der Weltwirtschaft hin.
Europa Flop, USA Top
Passend dazu haben die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs ihre Wachstumsprognose für Europa gesenkt und erwarten im kommenden Jahr wegen der Energiekrise nur noch einen Anstieg der Wirtschaftsleistung von 0,4% statt 1,6%.
Hoffnungsvolle Signale kommen hingegen aus den USA. Hier hatte der ISM-Index zur Wochenmitte positiv überrascht. Demnach wuchsen die meisten US-Branchen im Juli noch stärker – der Index stieg auf 56,7 (Erwartung: 53,5) Punkte und damit auf den höchsten Stand seit drei Monaten. Und auch der Auftragseingang der US-Industrie konnte mit plus 2,0% (Erwartung: 1,1%) überzeugen. Somit bleibt die Hoffnung auf eine weiche Landung der US-Konjunktur zunächst bestehen.