Seltene Erden: Europa hat einen Plan
Frühestens 2030 wird die europäische Wirtschaft unabhängig von Seltenen Erden aus China sein - und das auch nur im besten Fall. Das geht aus Papieren der European Raw Material Alliance (ERMA) hervor. Die Allianz besteht aus Regierungen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden und hat einen umfangreichen Zeitplan mit diversen Maßnahmen vorgestellt.
Weites Anwendungsfeld
Seltene Erden werden in zahlreichen Branchen benötigt. Für Deutschland identifiziert eine Ifo-Studie aus dem Juni 2022 neun kritische Rohstoffe, die in Schlüsseltechnologien wie Windkraft, E-Motoren und Digitale Technologien verwendet werden. China ist in sieben Fällen in den Top 5 der Lieferanten. Die gesamte EU steht in Bezug auf die Seltenen Erden schlecht da: 90% der Permanentmagnete aus Seltenen Erden kommen aus China. Diese Magnete sind für Windkraft und E-Motoren unerlässlich.
Um sich von Importen unabhängiger zu machen, sind Recycling und Kreislaufwirtschaft zwingend. Das Ziel der ERMA ist, dass 20% des Bedarfs für Permanentmagneten bis 2030 aus Recycling alter Magnete gedeckt wird. Bisher werden unter 1% der Magnete recycelt. Deutschland ist als potentieller Standort für die Herstellung neuer Magnete denkbar. Die Diversifizierung von Lieferketten durch neue Handelsabkommen und eigene Minen in Europa sind ebenfalls wichtig, technisch aber viel schwieriger und langwieriger umzusetzen.
Plan mit Unwägbarkeiten
Die technische Schwierigkeit für eine eigene Produktion besteht darin, dass die 17 verschiedenen Metalle, die die Seltenen Erden umfassen, meist mit anderen Rohstoffen vermischt sind. Die Extraktion der Metalle ist technisch kompliziert und belastend für die Umwelt, weil sie meist zusammen mit radioaktiven Stoffen existieren. Aktuell ist China das einzige Land, das eine komplette Wertschöpfungskette von Minen bis zu den Fabriken hat.
Der größte Unsicherheitsfaktor für den Plan ist die Zeit. Die Installationszeit für ein Werk zur Verarbeitung, Magnetherstellung oder Recycling beträgt 2 bis 5 Jahre, für ein Extraktionswerk sogar 8 bis 15 Jahre. Bis dahin müssen neue Handelsabkommen geschlossen, Vorkommen erschlossen und Standards geschaffen werden. Zusätzlich kann Peking den Weg dorthin empfindlich stören, falls die chinesische Regierung den Export der Materialien und Erzeugnisse einschränkt oder verbietet.